Das Bundesinnenministerium (BMI) ist drauf und dran, die humanitäre Seenotrettung im Mittelmeer zu kriminalisieren. 52 Hilfs- und Menschenrechtsorganisationen fordern die Bundesregierung und den Bundestag dazu auf, rechtspolitisch abzurüsten.
Das schon bei Bekanntwerden wegen seiner extrem restriktiven Ausrichtung gegen hierzulande erfolglos Schutz suchende Menschen Menschen stark kritisierte, euphemistisch „Rückführungsverbesserungsgesetz“ genannte Gesetzesvorhaben des BMI, soll jetzt auch gegen die Szene internationaler Hilfsorganisationen in Stellung gebracht werden.
Diese Zielrichtung ergibt sich aus einer Formulierungshilfe für einen Änderungsantrag zum Gesetzentwurf, den das BMI am 1. November online gestellt hat.
Ein von den Autor*innen der Stellungnahme bestelltes Kurzgutachten stellt fest, dass auf Grundlage der geplanten Änderungen in § 96 Aufenthaltsgesetz die bisher von verschiedenen Hilfsorganisationen auf hoher See geleistete Lebensrettung Geflüchteter – im Amtsdeutsch „Beihilfe zur unerlaubten Einreise“ genannt – unter Strafe gestellt werden kann, wenn sie "wiederholt oder zugunsten mehrerer Ausländer“ erfolgt. Darauf, dass solches insbesondere von Rettungsschiffbesatzungen verschiedener Hilfsorganisationen u.a. im Mittelmeer geleistetes uneigennütziges Engagement auf keinen Vorteil für die Hilfeleistenden angelegt ist, soll es dann nicht mehr ankommen.
Das BMI will offenbar jetzt auch hierzulande eine Rechtslage etablieren, die weiland schon den ehemaligen schleswig-holsteinischen Landesbeauftragten für Flüchtlings-, Asyl- und Zuwanderungsfragen, Kapitän Stefan Schmidt, in einen sizilianischen Knast gebracht hatte. Ihm war damals als Kapitän der Cap Anamur die Rettung von 37 in Seenot befindlichen Geflüchteten als Schleusung angerechnet worden.
Mit der aktuellen Gesetzesinitiative – sollte sie damit durchkommen – wird sich die Bundesregierung gemein machen mit autokratischen Regierungen z.B. in Russland, Polen oder Ungarn, wo das uneigennützige humanitäre Engagement zur Unterstützung Geflüchteter schon seit Jahren unter Strafe steht.
Die 51 Organisationen fordern die Bundesregierung und die Abgeordneten des Deutschen Bundestages auf, dem unverantwortlichen rechtspolitischen Treiben des BMI Schranken zu setzen und die geplante Ausweitung des Paragraphen 96 im Gesetzentwurf zurückzunehmen.
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