Es ist wieder so weit: Weltfrauentag!
Die ganze Weltbevölkerung denkt wieder einen Tag an die Frauen und fühlt sich gut dabei - und am nächsten Tag geht es dann weiter wie bisher. Wir denken an einem bestimmten Tag an Frauen und halten unsere Augen, Ohren und Münder an den 364 anderen Tagen geschlossen? Dies wäre sehr bedauerlich, denn solcherart Gedenkfeiern brauchen Frauen jeden Tag, damit sich wirklich etwas ändert.
Wann werden Gesetzesänderungen vorgenommen, die Unterdrückung und Benachteiligung von Frauen wirklich untersagen und wirkungsvoll sanktionieren? Wann werden die Frauen weltweit ihr Leben selbst bestimmen können, und zwar ohne dafür verfolgt und bestraft zu werden?
Viele Fragen und leider nur unzureichende Antworten. Die Liste der von Männern beschlossenen Zwangsgesetze und -praktiken ist lang: Zwangskörperbedeckung, Zwangsverheiratung, Zwangsmutterschaft, Zwangsbeschneidung, Zwangsprostitution, Zwangs…, Zwangs… etc.
Dieses System benachteiligt und unterdrückt Frauen nicht nur, sondern instrumentalisiert dabei selbst Frauen. Ein sehr beängstigtes Beispiel gibt es gerade im Iran und in der von Frauen initiierten und getragenen revolutionären Bewegung seit September 2022: Dort setzt das Patriarchat systematisch auch Frauen z.B. als Häscherinnen der Sitten- und Religionspolizei dabei ein, Frauen mit voller Wucht zu prügeln, zu misshandeln, zu verfolgen oder zu verraten. Der Missbrauch von Frauen als Kollaborateur*innen ist das perfideste Niveau einer männergemachten Frauenfeindlichkeit.
Denn diese regimetreuen autoritären Frauen, sind selbst Opfer der patriarchalen Regeln ihrer Brüder, Väter und anderer Familienangehöriger. Auch sie werden unter Gewaltandrohung in ihre Rolle gezwungen.
Was im Iran passiert, ist das hässliche Gesicht einer patriarchalen Herrschaft, aber beileibe kein Einzelfall eines Systems, das auf der Unterdrückung und Ausgrenzung von Frauen fußt. Wir erleben täglich nicht allein häusliche Gewalt gegen Frauen, Missbrauch von Mädchen, unfaire Lohnpraktiken, Benachteiligung von Frauen in Religionsgemeinschaften, in Wirtschaft und Politik auch in Deutschland.
Dem Staat, der endlich den Paradigmenwechsel ausgerufen hat und sich künftig mit „feministischer Außenpolitik“ global Gehör verschaffen will.
Solcherart Label muss sich allerdings nicht nur aber auch im Umgang mit geflüchteten Frauen beweisen, wenn es den Makel der Symbolpolitik vermeiden will: mit klaren politischen Initiativen bzgl. der Vergewaltigungslager in Libyen, mit Blick auf die straflose sexualisierte Gewalt von Grenzschützern auf der Balkanroute, angesichts von Frauen- und Mädchensuiziden in den Elendslagern auf griechischen Inseln oder auch der Frauen, die mit ihren Kindern auf der falschen, der syrischen Seite der Trümmerlandschaft vergeblich auf ein deutsches Erdbebenvisum hoffen.
Wird die „feministische Außenpolitik“ nicht der im Rahmen eines Feminismus-Budgeting und konsequent und unterschiedslos bi- und multilateral angewandte Maßstab der Politik des Auswärtigen Amtes, sondern bleibt es bei der bis dato üblichen von wirtschafts- und machtpolitischen Interessen getriebenen Anbiederung an eine chauvinistisch intendierte, auf Abschottung und Ausgrenzung ausgelegten Strategie, ist sie allenfalls eine zwar auch in Zukunft berechenbare, aber keine feministische Politik.
Der Situation von Frauen und Mädchen, die mit allen Mittel und allerorten unterdrückt werden, ob im Iran oder anderswo, braucht indes nichts dringender, als eine ernst gemeinte „feministische Außenpolitik“. Kommt sie nur mit Blick auf positive Handelsbilanzen und nicht zum Zuge, solange destruktive chauvinistische Interessen sich viel wirkmächtiger gebärden, wird sich die „feministische Außenpolitik“ nicht als die Gegenmacht etablieren können, auf die Frauen und Mädchen weltweit warten.
Denn wenn man die Frauen weltweit befreien und in ihren Kämpfen um die eigene Freiheit unterstützen will, muss MANN sich und diese „herr“schende Gesellschaft ändern und einen langen Atem haben – das heißt sich mehr als einen Tag im Jahr an die Seite der Unterdrückten stellen.
Zan, zendegi, azadi - Frau, Leben, Freiheit.
gez. Kirstin Strecker, Flüchtlingsrat Schleswig-Holstein e.V., public[at]frsh.de, www.frsh.de