Zuwanderung nach Deutschland und Schleswig-Holstein ist nicht allein mit Blick auf demographische und arbeitsmarktpolitische Bedarfe wünschenswert. Flüchtlingszuwanderung beruft sich auf grundgesetzliche und internationale Verpflichtungen, gilt aber als die am wenigsten steuerbare, allerdings die o.g. Bedarfe nicht minder bedienende Form der Immigration. Nach der relativ großen Flüchtlingszuwanderung 2015 konsolidieren sich die Zahlen der Asylzugänge derzeit, nicht zuletzt als Konsequenz opferreicher europäischer Abschottungsmaßnahmen und fragwürdiger Deals mit Drittstaaten, hierzulande bei jährlich ca. 10.000. Das Verhältnis von jährlich Asylzuwandernden zu Einwohner*innen bewegt sich also im Verhältnis 1:286. Eine Größenordnung, die, auch ohne das Externalisierungssaldo zu berücksichtigen, kaum gesellschaftliche Überforderungsängste zu rechtfertigen vermag. Dennoch bilden diese Menschen eine substanzielle Größe regelmäßig wegen Verfolgung, Kriegsgefahren und Überlebensnöten aus Drittstaaten Zuwandernder, die eine kluge Landespolitik einfordert.
U. E. wäre eine auf nachhaltige Integration orientierte Politik, die sich nicht in Aufnahmeadministrierung, selektiver Chancenvergabe und integriertem Rückkehrregime erschöpft, zielführend. Ungeeignet wäre hingegen eine Politik, die sich gegenüber den im Asylverfahren (vermeintlich) Erfolglosen in Kasernierung und sozialer Ausgrenzung verliert. Bedarfsgerecht wäre stattdessen eine Politik, die die Vitae, die erfahrungsgemäß erheblichen Potenziale und die hohen integrationsorientierten Motivationen aller hierzulande auf Zukunft hoffenden Frauen, Männer und Kinder und ihre Schutzbedarfe konstruktiv, sowohl in deren wie im Interesse der Aufnahmegesellschaft, in eine nachhaltige, auf gerechte Teilhabe und Chancengerechtigkeit ausgelegte, Einwanderungspolitik münzt.
Die künftige Landesregierung kann dabei auf eine gute Basis bauen. Im Bundesland engagieren sich seit vielen Jahren bürgerschaftliche Initiativen, die Geflüchtete beim Ankommen, bei der Orientierung im Labyrinth der Paragraphen und beim Bleiben unterstützen. Es ist in Schleswig-Holstein gelungen, spezifische Angebote für vulnerable Gruppen in spezialisierten Fachdiensten zu institutionalisieren. In heterogenen Netzwerken kooperieren Fachverbände, Arbeitsverwaltungen, Bildungsträger und Unternehmen bei der nachhaltigen berufsbildungs- und arbeitsmarktlichen Integration mit besonderer Expertise für die Zielgruppe der Geflüchteten. Lobbyorganisationen pflegen den kontinuierlichen Dialog mit Landesverwaltungen, politischen Entscheidungsträger*innen und parlamentarischen Gremien und leisten auf diesem Wege ihren Beitrag dafür, dass sich Landesflüchtlingspolitik vernunftorientiert und mit Bodenhaftung entwickeln kann - wenn sie es denn will.
Zur Gestaltung einer integrationsorientierten, völkerrechtlich und humanitär ambitionierten sowie volkswirtschaftlich klugen Politik haben wir im Folgenden den mit Ziel der Bildung einer Koalitionsregierung verhandelnden Parteien einige Vorschläge zu unterbreiten:
Downloads:
"<link file:4545 download file>Vorschläge des Flüchtlingsrats Schleswig-Holstein für die Landesflüchtlings-, Zuwanderungs- und Integrationspolitik in der 19. Legislaturperiode in Schleswig-Holstein" v. 23.5.2017
Bedarfsanzeige <link file:4557 download file>"Landesgeförderte Netzwerkangebote zur arbeitsmarktlichen Integration von
Geflüchteten in regional unterversorgten Gebieten Schleswig-Holsteins" v. 15.5.2017
<link file:4544 file>