Am Wochenende war Bundeskanzlerin Angela Merkel zu Gast bei der CDU Schleswig-Holstein. Nach Verlauten nahm sie dies zum Anlass, um den von der schleswig-holsteinischen Landesregierung geplanten Afghanistan-Abschiebungsstopp zu kritisieren. Es gäbe in Afghanistan Regionen, in denen man relativ sicher leben könne, erklärte Merkel am Samstag in Neumünster.
Auf welche Erkenntnislagen sich Merkel mit dieser Behauptung bezog, blieb ungenannt. Die der Vereinten Nationen können es kaum sein.
Die UNO erwartet laut einem ebenfalls am Samstag, aber in Kabul, vorgestellten Bericht, dieses Jahr nochmals 450.000 intern in Afghanistan durch Krieg und Gewalt Vertriebene – zusätzlich zu den bereits bis 2016 gezählten 630.000 Binnenflüchtlingen. Die UN-Organisation OCHA befürchtet Verschlimmerungen auf allen Ebenen. 9,3 Millionen Menschen werden auf Nothilfe angewiesen sein – das wären 13 Prozent mehr als 2016. Bei 30 Millionen Menschen sind das ca. ein Drittel aller Afghaninnen und Afghanen.
Afghanistan bleibe eines der gefährlichsten und gewalttätigsten Länder der Welt, heißt es in dem Bericht weiter. Fast im gesamten Land herrsche Kriegsgewalt. Durchschnittlich 1.500 Menschen würden täglich aus ihren Dörfern vertrieben. Der Einfluss der afghanischen Armee in der Fläche des Landes schwindet zusehends.
Der Flüchtlingsrat bedauert sehr die von Angela Merkel und anderen Parteienvertreter*innen betriebenen Debatten, die bundeseinheitliche oder landeseigene Abschiebungsstopps infrage stellen. Dies gilt besonders, wenn dabei der unbefangenen Öffentlichkeit gegenüber suggeriert wird, ein Abschiebungsstopp sei rechtswidrig. Richtig ist vielmehr, dass ein Afghanistan-Abschiebungsstopp auf Grundlage der z. B. zuletzt am 22. Dezember 2016 durch den UNHCR begutachteten „deutlich verschlechterten Sicherheitslage“ in Anwendung von § 60a Absatz 1 AufenthG und Art. 15c der EU-Qualifikationsrichtlinie zwingend geboten ist.
"Wer anderes behauptet, negiert geltendes Recht", ist Martin Link, Geschäftsführer beim Flüchtlingsrat Schleswig-Holstein, überzeugt. Der Flüchtlingsrat begrüßt daher den im Kieler Kabinett anstehenden Beschluss über einen landeseigenen Abschiebungsstopp.
"Wir begrüßen, dass die Regelung eines Abschiebungsstopps alle Verschärfungen des Aufenthaltsgesetzes überlebt hat", erklärt Link. Denn es gäbe kaum effektive und den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit beachtende Handhabungen, die für im Herkunftsland – trotz gegenläufiger und ggf. falscher Einschätzung der Asylbehörden und Gerichte – gefährdete Gruppen greifen.
gez. Martin Link
Mehr Informationen zur Un-Sicherheitslage in Afghanistan gibt's: <link http: www.frsh.de artikel updated-abschiebungen-nach-afghanistan external-link-new-window external link in new>hier!