Anlässlich des Internationalen Tages gegen Rassismus macht der Flüchtlingsrat Schleswig-Holstein auf die besonders schutzbedürftigen unter den in der Gesellschaft diskriminierten Minderheiten aufmerksam – die Geflüchteten.
Wieder einmal richten sich intolerantes Gedanken"gut", Alltagsrassismen und aggressive Angriffe insbesondere gegen Frauen, Männer, Kinder, die als vor Verfolgung und Krieg Schutz Suchende nach Deutschland und nach Schleswig-Holstein gekommen sind.
Das Gift des flüchtlingsfeindlichen Rassismus zieht sich durch den sozialen Alltag, durch nicht wenige Medien und wirkt destruktiv auf Schulhöfen, in Betriebskantinen und nicht zuletzt auf Behördenfluren.
Gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit bricht sich aber nicht nur verbal, sondern auch im Zuge gewalttätiger Angriffe Bahn. Bundesweit ist im vergangenen Jahr die Zahl von Angriffen auf Flüchtlingsunterkünfte erstmals seit 2015 wieder gestiegen. 2022 gab es 121 Überfälle, Anschläge, Sachbeschädigungen und tätliche Angriffe auf solche Unterkünfte - ein Plus von 73 Prozent im Vergleich zum Jahr zuvor.
Immerhin sind mit dem Ausbruch des Krieges in der Ukraine, der fortbestehenden Kriegsgewalt in Syrien, der brutalen Verfolgung in Afghanistan und im Iran und dem Terror in verschiedenen Ländern Afrikas und des Sahel im Jahr 2022 mehr Geflüchtete als 2015 in Deutschland aufgenommen worden.
Gleichzeitig gelten seit 2022 sehr unterschiedliche Rechtslagen und Verwaltungspraktiken, die im Ergebnis Schutzsuchenden aus nichteuropäischen Kriegen und Drittstaaten regelmäßig diskriminieren.
So etwa,
- wenn Staat und Gesellschaft geflüchteten ukrainischen Staatsangehörigen mit einer integrationsbarrierefreien Rechtslage begegnen, die für nichteuropäische Asylsuchende ausdrücklich nicht gilt: z.B. frei Wohnortwahl, Sprachförderung, Bürgergeld- und Arbeitsmarktzugang und gute Bleibeperspektive von Anfang an,
- wenn Geflüchtete aus der Ukraine weiter willkommen sind, aber Geflüchtete aus nichteuropäischen Drittstaaten systematisch an EU-Grenzen keinen Schutz finden, auf uniformierte Schläger treffen, rechtswidrig zurückgeschoben oder in menschenunwürdigen Lagern interniert werden,
- wenn regelmäßig Kriegsdienstverweigerern und Deserteuren aus Russland die Einreise und das rettende Asyl verweigert wird,
- wenn geflüchtete ukrainische Kinder alle zielführende Unterstützung bei der Integration in Bildung und Gesellschaft erhalten, aber auf verschiedenen Routen getrennt geflüchteten Familien aus nichteuropäischen Drittstaaten mit bürokratischen Kniffen das Zusammenleben vorenthalten wird, oder
- wenn die Chancen auf ein Einreisevisum an die Opfer desselben Erdbebens bei türkischen Staatsangehörigen positiv und bei syrischen Geflüchteten regelmäßig nicht vergeben werden.
Solange es legal ist, dass nicht alle Schutzsuchenden wie die aus der Ukraine willkommen geheißen und integrationsorientiert unterstützt, anstatt außen vor gehalten werden, so lange werden sich geflüchtete Menschen aus Drittstaaten hierzulande ihrer rechtlichen, psychischen und körperlichen Unversehrtheit nicht sicher sein können.
So lange bleiben die grundrechtlichen Versprechen auf Gleichbehandlung und Menschenwürde ohne Ansehen der Herkunft, des Geschlechts, der ethnischen Identität und der Hautfarbe als nicht eingelöst.
Und – so lange sich Staat und Gesellschaft öffentlich darin gefallen, die Chancen der hierzulande auf Schutz und Zukunft hoffenden Menschen qua Herkunft zu selektieren, werden sich die Propagandisten der Ausgrenzung aller Couleur dabei bestätigt fühlen, ihren Mauldreck[1] zu verbreiten und damit solchen eine Rechtfertigung zu liefern, die dieser Form des Rassismus nur allzu gern ihre Vorstellung gewalttätiger Entfaltung angedeihen lassen wollen.
Hinweis:
Video des Flüchtlingsrats Schleswig-Holstein zum Antirassismustag: https://www.youtube.com/watch?v=V2G1qG54ACc
gez. Martin Link, Flüchtlingsrat Schleswig-Holstein e.V., T. 0431-5568 5640, public[at]frsh.de
[1]https://frsh.de/fileadmin/schlepper/schl_89-90/Schlepper_89-90_IV.pdf