Den entschiedenen Vorbehalten zahlreicher ExpertInnen und selbst den eigenen Erfahrungen mit der in Afghanistan herrschenden Unsicherheitslage zuwider trommelt Bundesinnenminister Thomas de Maiziere für verstärkte Abschiebungen von AfghanInnen (siehe PE des Flüchtlingsrates vom 1.2.2016). Am morgigen Dienstag soll nach dem Flüchtlingsrat vorliegenden Informationen nun auf Druck des BMI gegenüber den Bundesländern ein Abschiebecharterflug von Frankfurt/M. nach Kabul gehen. Demnach sollen ca. 150 Personen ausgeflogen werden, vermeintlich alles „freiwillige RückkehrerInnen“.
Vom Ministerium für Inneres und Bundesangelegeneheiten Schleswig-Holstein erhielt der Flüchtlingsrat die Information, dass es sich bei den Passagieren des morgigen IOM-Charters um freiwillig nach Afghanistan Rückkehrende handele. Aus Schleswig-Holstein sei allerdings niemand dabei.
Aus Thüringen gibt es derweil die öffentliche Botschaft des Migrationsministers Lauinger, nicht nach Afghanistan abzuschieben. Laut aktuellem Beitrag der Ostthüringer Zeitung gibt es aber in der politischen Debatte noch "Meinungsverschiedenheiten" in der Auslegung des Beschlusses der Innenministerkonferenz aus Dezember 2015:
Auf Anfrage der Ostthüringer Zeitung "beim Bundesinnenministerium, ob sich auch andere Länder so wie Thüringen verweigerten, kam als dürre Antwort nur ein Verweis auf die jüngste Innenminister-Konferenz. Die habe im Dezember unter Tagesordnungspunkt 9 einstimmig beschlossen, dass die Sicherheitslage in Afghanistan in einigen Regionen eine Rückkehr ausreisepflichtiger afghanischer Staatsbürger grundsätzlich erlaube. Na, beschlossen ist geprahlt, heißt es im Erfurter Innenministerium. Minister Holger Poppenhäger (SPD) und seine
Länderkollegen hätten die Einschätzung des Bundes 'zur Kenntnis genommen'.
Insofern gebe es auch keine Differenz zur Haltung des Grünen-Kollegen Lauinger: Prinzipiell mag es Möglichkeiten zur Rückführung nach Afghanistan geben, aber praktisch sehe man keine. Der Migrationsminister sagt dazu, de Maiziere könne nicht mal einen Flughafen benennen, der in einem sicheren Gebiet liege."
Die Kieler Landesregierung vertrat in Sachen Abschiebung von AfghanInnen bis dato eine eher zurückhaltende Position und verwies Betroffene u.a. auf ggf. bestehende Möglichkeiten der Härtefallkommission. Der Flüchtlingsrat hofft indes, dass sich die schleswig-holsteinische Landesregierung die klare und öffentlich verlautbarte Haltung der KollegInnen in Erfurt zu eigen macht.
gez. Martin Link
Mehr zum Thema in unserer <link http: www.frsh.de artikel alltaegliche-gewalt-auch-beim-besuch-de-maizieres-in-kabul external-link-new-window external link in new>PE vom 1.2.2016