Der Flüchtlingsrat Schleswig-Holstein, PRO ASYL und die anderen Landesflüchtlingsräte bekräftigen mit Blick auf die eskalierende Gewalt gegenüber Demonstrierenden durch das iranische Regime die Forderung nach dem Stopp aller Abschiebungen in den Iran. Niedersachsen geht mit gutem Beispiel voran.
Seit dem Tod der 22-jährigen Jîna (Mahsa) Amînî, die am 13. September verhaftet wurde, weil sie ihr Kopftuch 'nicht ordentlich' getragen haben soll, breiten sich ausgehend von ihrer Heimatstadt Saqqez in vielen Teilen des Irans und Ostkurdistans Proteste gegen das unterdrückerische Ajatollah-Regime aus. Diese werden vorrangig von Frauen, LGBTIQ-Aktivist*innen, Schüler*innen und Student*innen, Arbeiter*innen und vielen weiteren marginalisierten Gruppen angestoßen, organisiert und durchgeführt. Das iranische Regime reagiert mit brutaler Gewalt. Seit Beginn der Aufstände wurden bereits Hunderte Menschen ermordet sowie Tausende Protestierende verschleppt und inhaftiert.
„Das Regime im Iran zeigt weiterhin, wie menschenverachtend und brutal es ist. Auf Protestierende wird geschossen, sie werden verschleppt und inhaftiert, gefoltert und getötet. Es reicht nicht, dass sich sämtliche Politik*innen mit den mutigen Menschen im Iran und Ostkurdistan solidarisieren. Sie müssen auch konkret dafür sorgen, dass niemand diesem Regime durch Abschiebung ausgeliefert wird“, fordert Nazanin Ghafouri vom Flüchtlingsrat Bremen.
Der niedersächsische Innenminister Boris Pistorius hat heute angekündigt, dass Niedersachsen keine Abschiebungen mehr durchführen wird und er das Thema für die Innenministerkonferenz anmelden will. "Dass der schleswig-holsteinische Landtag am 30.9.2022 die Forderung nach der Durchsetzung eines bundesweiten Abschiebungsstopps an die Kieler Landesregierung adressiert hat, ist der erster Schritt in die richtige politische Richtung", erklärt Martin Link, Geschäftsführer beim Flüchtlingsrat Schleswig-Holstein, und fordert: "Jetzt kommt es darauf an, dass die schleswig-holsteinische Landesregierung die niedersächsischeInitiative bei der anstehenden Herbstkonferenz der Innenminister des Bundes und der Länder unterstützt".
PRO ASYL und die Landesflüchtlingsräte fordern, darauf aber nicht zu warten: Die Bundesländer sollten vorangehen und nicht auf die Bundesregierung warten. Jede Landesregierung kann und muss sofort Abschiebungen aussetzen – spätestens bei der Innenminister*innenkonferenz im Dezember muss ein formaler Abschiebungsstopp beschlossen werden. Dass solch klare Entscheidungen notwendig sind, zeigte sich kürzlich in Bayern, wo am 29. September ein Iraner bei einem Termin in der Ausländerbehörde inhaftiert wurde, um abgeschoben zu werden.
„Diese ersten Initiativen aus Niedersachsen und Schleswig-Holstein sind wichtig, die anderen Bundesländer müssen direkt nachziehen. Angesichts einer bislang restriktiven Entscheidungspraxis bei Asylanträgen von iranischen Asylsuchenden leben Tausende mit Duldung in Deutschland. Für diese Menschen braucht es dringend aufenthaltsrechtliche Sicherheit. Niemand kann mehr leugnen, dass die iranische Regierung ein verbrecherisches Regime ist“, ergänzt Wiebke Judith, rechtspolitische Sprecherin von PRO ASYL.
Hintergrund
Iran zählt zu den zehn zugangsstärksten Herkunftsländern von Asylsuchenden in Deutschland (im 1. Halbjahr 2022 mit 1.925 Asylerstanträgen, BAMF Schlüsselzahlen Asyl 2022). Die Anerkennungsquote für Iraner*innen im Asylverfahren liegt bei etwa 30 Prozent (bereinigte Schutzquote knapp 50 Prozent, Bundestag Drs. 20/2309). Mehr als 10.000 Iraner*innen in Deutschland leben mit dem prekären Status der Duldung, viele von ihnen unterliegen einem Arbeitsverbot (Bundestag Drs. 20/3201).
gez. Martin Link, Flüchtlingsrat Schleswig-Holstein e.V., T. 0431-5568 5640. public<script type="text/javascript"> obscureAddMid() </script>frsh<script type="text/javascript"> obscureAddEnd() </script>de
Letzte Meldung vom 7.10.2022: Bundesinnenministerin Nancy Faeser hat am 6. Oktober gegenüber dem SPIEGEL folgendes verlautbart: »Abschiebungen in den Iran sind in der aktuellen desaströsen Menschenrechtslage nicht verantwortbar [...] Ein Abschiebestopp ist der richtige Schritt, über den die Länder schnellstmöglich entscheiden sollten.«