Am internationalen Tag des Flüchtlings und anlässlich seiner diesjährigen Mitgliederversammlung am vergangenen Samstag appelliert der Flüchtlingsrat Schleswig-Holstein e.V. an die am 21./22.6.2011 in Frankfurt tagenden Innenminister aus Bund und Ländern, die Aufnahme von Flüchtlingen direkt aus den Erstzufluchtsländern in der Region Nordafrika zu beschließen.
Über 5000 Flüchtlinge stecken seit Wochen und Monaten unter unerträglichen Bedingungen im Lager Choucha des UN-Flüchtlingskommissariats (UNHCR) an der tunesisch-libyschen Grenze fest. Derweil streiten sich die EU-Länder um Zuständigkeiten für die Aufnahme derjenigen, denen es gelingt sich auf den lebensgefährlichen Weg über das Mittelmeer zu machen. Statt Soforthilfe zu
leisten werden weitere Ausgrenzungs- und Abschottungsmechanismen ersonnen. Beschämend ist die Zahl von gerade Mal 150 Flüchtlingen aus Malta, zu deren Aufnahme sich Deutschland nun bereit erklärt hat. (<link file:668 external-link-new-window externen link in neuem>
www.frsh.de/fileadmin/pdf/behoerden/Erl_JuMi_Aufnahme-Malta_6-6-2011.PDF
)Damit nicht genug, müssen diejenigen, die es aus eigener Kraft schaffen nach Nord- oder Westeuropa zu gelangen, damit rechnen im Rahmen des Dublin II Abkommens wieder an die Ränder Europas und in desolate Zustände zurückgeschoben zu werden. So auch in Schleswig-Holstein. Hier musste zeitgleich mit dem Aufnahmebeschluss ein Flüchtling aus Libyen drei Monate
in Abschiebehaft verbringen. Er war über Malta nach Norwegen gelangt, wo sein Asylantrag mit dem Hinweis auf die Zuständigkeit Maltas abgewiesen wurde. Beim Versuch andernorts Rettung zu finden strandete er an der deutsch-dänischen Grenze und wurde bis zur vorgesehenen Rückschiebung in Schleswig-Holstein inhaftiert. Nur Dank intensiven anwaltlichen, beraterischen
und ehrenamtlichen Engagements konnte eine Haftentlassung und Prüfung seines Asylgesuchs in Deutschland erreicht werden.
Die Mitgliederversammlung des Flüchtlingsrates ruft auf zur Unterzeichnung des von PRO ASYL, medico international, Borderline Europe, Afrique-Europe-Interact, Welcome to Europe, Komitee für Grundrechte und Demokratie initiierten Choucha-Appells (<link http: www.medico.de choucha-appell external-link-new-window externen link in neuem>
) und fordert mit den Initiatoren des Appells die Innenministerkonferenz sowie die politisch Verantwortlichen auf europäischer Ebene, in Bund, Ländern und Gemeinden auf,• Soforthilfemaßnahmen zur Flüchtlingsaufnahme zu ergreifen und die Flüchtlinge aus Choucha und den anderen vorübergehenden Flüchtlingslagern in Europa aufzunehmen.
• Humanitäre Unterstützung für jene Subsahara-MigrantInnen zu leisten, welche bereits aus Libyen bzw. Tunesien ausgeflogen wurden. Z.B. sind allein in Mali seit Beginn des Libyen-Kriegs über 10.000 Flüchtlinge angekommen.
• Die bisherige Abschottungspolitik an den Außengrenzen zugunsten einer humanen und freizügigen Asyl- und Einwanderungspolitik aufzugeben, die im Einklang mit den Rechten von Flüchtlingen und MigrantInnen steht.
• Die demokratischen Aufbrüche in Nordafrika ernsthaft zu unterstützen und sie als eine Chance zu einer veränderten Nachbarschaftspolitik zu begreifen.
gez. Astrid Willer
Flüchtlingsrat Schleswig-Holstein e.V., Tel: 0431-735000, <link mail ein fenster zum versenden der>office@frsh.de