Wie Doris Kratz Hinrichsen vom Diakonischen Werk Schleswig-Holstein begründete, zeigen die Erfahrungen langjähriger Integrationsarbeit in Verbänden und Flüchtlingsinitiativen, dass Angebote zur sprachlichen und beruflichen Integration gern und freiwillig in Anspruch genommen werden und dass jedoch die Nachfragen das vorhandene Angebot weit übersteigen. Das geplante Integrationsgesetz des Bundes vermittelt wider besseres Wissen den Eindruck, als würden Förderangebote von Flüchtlingen nicht genutzt und von ihnen nur durch die Verschärfungen von Sanktionierungen in Anspruch genommen. Die Festschreibung von Sanktionierungen bis zur Reduzierung des Existenzminimums auf Null ist verfassungswidrig und entspricht nicht der geltenden Rechtsprechung, so Kratz Hinrichsen.
Die geplante Wohnortzuweisung ist diskriminierend und widerspricht den Erkenntnissen der Migrationswissenschaft betont der Geschäftsführer des Flüchtlingsrates, Martin Link. Sie erschwert die Integration in Bildung oder Arbeitsmarkt und untergräbt die Motivation der Betroffenen. Darüber hinaus ist insbesondere das Wohnen mit der Familie oder mit Teilen der Familie wichtiger Unterstützungsfaktor beispielsweise bei der Suche nach Ausbildung und der Verfestigung von Erwerbsarbeit, meint Link. Auch bildet sie im psychosozialen Bereich eine wichtige Unterstützung insbesondere bei traumatisierten Flüchtlingen.
Die Kostenregelung von Dolmetscher- und Übersetzungskosten für anerkannte Flüchtlinge beinhaltet nur eine gesetzliche Klarstellung, formuliert jedoch keine neuen Ansprüche, die in der Praxis, zum Beispiel bei der gesundheitlichen Versorgung dringend erforderlich wären, und zwar als eine Leistung der Krankenversicherung.
Der Flüchtlingsbeauftragte des Landes, Stefan Schmidt fordert stellvertretend für die AG Migration & Arbeit ein Integrationsgesetz, das beschreibt und festlegt, wie nachhaltige Integration in unserer Gesellschaft gelingen kann, z.B.
- durch flächendeckende ausreichende Angebote zum Spracherwerb für alle Flüchtlingsgruppen,
- einer Schulbildung bis zur Erreichung eines qualifizierten Schulabschlusses unabhängig vom Alter,
- einer Quotenregelung für Unternehmen zur Beschäftigung von Flüchtlingen und
- durch eine Systematik, die geeignet ist, die Motivation der Flüchtlinge zu wecken, ihre Potentiale und ihr Empowerment zu befördern, anstatt sie mit Sanktionsandrohung und Zwangsverortung zu demotivieren.
Ganz anders der Gesetzentwurf der Bundesregierung, dieser erweckt den Eindruck, es bräuchte weitere Sanktionen, um Flüchtlinge an bestehende Normen zu „gewöhnen“ und sie in unsere Bahnen zu lenken. Der Ansatz des Fördern und Forderns, der seit der Hartz-IV-Gesetzgebung (SGB-II-Reform) eingeführt wurde, ist überholt und bedient überkommene Muster. Er wiederspricht dem Gedanken chancengerechter Partizipation des internationalen Flüchtlingsschutzes und des Asylrechts, so Schmidt.
Die AG Migration & Arbeit fordert die Landesregierung Schleswig-Holstein auf, dem Gesetzentwurf ihre Zustimmung zu versagen!
Die AG Migration & Arbeit Schleswig-Holstein ist ein Zusammenschluss von Fachleuten o.g. Träger, die sich seit Jahren auf diesem Gebiet engagieren.
Kontakt: Büro des Beauftragten für Flüchtlings-, Asyl- und Zuwanderungsfragen des Landes Schleswig-Holstein, Karolinenweg 1, 24105 Kiel, Tel.: 0431/988-1292
Verfasser:
- Beauftragter für Flüchtlings-, Asyl- und Zuwanderungsfragen des Landes Schleswig-Holstein
- Diakonisches Werk Schleswig-Holstein
- Flüchtlingsrat Schleswig-Holstein e.V.
- Netzwerk „Mehr Land in Sicht! – Arbeit für Flüchtlinge in Schleswig-Holstein“
- PARITÄTISCHER Wohlfahrtsverband Schleswig-Holstein e.V.
- Umwelt Technik und Soziales - UTS e.V.
- Zentrale Bildungs- und Beratungsstelle für MigrantInnen in Schleswig-Holstein - ZBBS e.V.