Viele Flüchtlinge aus Iran, Irak, Afghanistan und zunehmend auch aus afrikanischen Ländern sitzen in der Türkei ohne jede Perspektive und ohne Unterstützung fest. Sie müssen darüber hinaus befürchten, wieder in ihren Herkunftsstaat zurückgeschoben zu werden. Hunderte Flüchtlinge aus dem Iran, die nach den regimekritischen Protesten 2010 fliehen mussten, haben erst jüngst in einem dramatischen Appell an die internationale Öffentlichkeit auf ihre Situation in der Türkei aufmerksam gemacht.
Die Türkei hat die Genfer Konvention mit einem geographischen Vorbehalt unterzeichnet. Demnach haben nicht-europäische Flüchtlinge keine Möglichkeit, dort Asyl zu erhalten. Lediglich der UNHCR prüft ihre Asylanträge. Im Falle einer Anerkennung durch den UNHCR sind die Asylsuchenden jedoch auf die Aufnahme durch einen anderen Staat angewiesen.
Nur wenige Staaten nehmen im Rahmen eines Resettlement-Programmes Flüchtlinge auf, z.B. die skandinavischen Länder sowie Kanada und die USA. Deutschland hingegen gehört nicht dazu. Die Aufnahme von irakischen Flüchtlingen aus den Erstzufluchtsländern Syrien und Jordanien, ist bisher eine einmalige Aktion.
Die Bedeutung der Türkei als Transitland für Flüchtlinge wächst jedoch aufgrund der durch die EU abgeriegelten Wege über das Mittelmeer. Ohne Zugang zu Asyl in der Türkei, versuchen die Flüchtlinge nach Griechenland zu gelangen. Erst kürzlich hat der Europäische Menschenrechts-gerichtshof die Zustände für Asylsuchende in Griechenland verurteilt und eine Abschiebung dorthin als menschenrechtsverletzend eingestuft.
Die Einigung über ein Rückübernahmeabkommen mit der Türkei ist ebenso wie die Entsendung von Frontex-Einheiten an die griechisch-türkische Grenze ein weiterer Versuch die Europäischen Grenzen abzuschotten und die Verantwortung den Ländern vor den Toren Europas zuzuschieben. Die Flüchtlinge, die angesichts der geschlossenen Grenzen immer gefährlichere Wege auf sich nehmen, riskieren ihr Leben auf der Flucht vor Unterdrückung, Verfolgung und existenzieller Not und bleiben doch im Niemandsland stecken oder werden ohne je einen Asylantrag stellen zu können in ihre Verfolgerländer zurückgeschoben.
“Die zunehmende Zahl von Rückübernahmeabkommen, wie beispielsweise zwischen Deutschland und dem Kosovo, Syrien oder Armenien bestehen, hebeln den Menschenrechtsschutz aus, dem sich die EU und ihre Mitgliedsstaaten verpflichtet haben”, warnt Astrid Willer, Mitarbeiterin beim Flüchtlingsrat Schleswig-Holstein.
Das Abkommen mit der Türkei soll am 24. Februar formell beschlossen werden. Vorher müssen die zuständigen Minister der EU-Länder und das Europäische Parlament gehört werden. Der Flüchtlingsrat Schleswig-Holstein fordert gemeinsam mit PRO ASYL und weiteren Menschenrechtsorganisationen die EU-Abgeordneten auf, der internationalen Verantwortung Deutschlands und der EU für den Flüchtlingsschutz Rechnung zu tragen und dem Abkommen ihre Zustimmung zu verweigern.
gez. Astrid Willer, Flüchtlingsrat Schleswig-Holstein e.V.
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