In Sachsen und Thüringen wollen Kommunen Geflüchtete zur Arbeit verpflichten. Der ehemalige Landrat Ostholsteins und aktuelle Chef des Deutschen Landkreistages Reinhard Sager (CDU) legt noch eins drauf und fordert ein Gesetz, womit regelmäßig bundesweit Asylsuchende in vermeintlich gemeinnützige Arbeit gezwungen werden könnten. Zu wenig Elend ist das allerdings für Sagers Landrats- und Unionskollegen Thomas Karmasin (CSU) aus Bayern, der befürchtet, die Chance auf den Groschenlohn aus gemeinnütziger Zwangsarbeit könne zu Pull-Effekten führen. Eine nachhaltige Arbeitsmarktintegration werde mit der sogenannten gemeinnützigen Arbeit allerdings nicht gelingen, geben Arbeitsminister Hubertus Heil und der Sächsische Flüchtlingsrat zu bedenken.
"Es ist widersinnig, wenn nicht gar rassistisch, Geflüchtete, die bekanntermaßen entweder einem regelmäßigen Arbeitsverbot unterliegen oder denen immer wieder Beschäftigungserlaubnisse von der zuständigen Ausländerbehörde vorenthalten werden, als arbeitsunwillig zu verunglimpfen“, erklärt Martin Link vom Flüchtlingsrat Schleswig-Holstein. Geflüchteten, anstatt ihnen einen nachhaltigen und qualifikationsadäquaten Zugang zum Arbeitsmarkt zu eröffnen, mit erzwungener Arbeitsleistung für 80 Cent/Stunde und Sanktionsandrohungen gefügig zu halten, gleiche moderner Sklaverei.
Der Flüchtlingsrat Schleswig-Holstein kritisiert, dass die Politik, statt eine menschenwürdige und den Arbeitsmarkt- und demographischen Bedarfen entsprechende Migrationspolitik voranzubringen, sich einmal mehr in flüchtlingsfeindlichen Diskursen verliere und damit den Rechtsruck in der Gesellschaft und an den Wahlurnen befeuere.
Dabei ist es nicht die Unlust der Betroffenen, sondern die hausgemachten gesetzlichen Restriktionen und komplizierten Verbote sind die Gründe, die Asylsuchenden und Geduldeten regelmäßig den Zugang zum Arbeitsmarkt versperren.
Statt auf diese offensichtlich aus Angst vor Erfolgen der AfD angezettelte Scheindebatte aufzuspringen, fordern PRO ASYL und die Landesflüchtlingsräte von den Länderchef*innen lösungsorientierte, nachhaltig die Beschäftigung Geflüchteter fördernde Strategien.
Hintergrund
Schon die ausgebaute Förderung von Deutschkursen – insbesondere im ländlichen Raum – würde dazu beitragen, viel mehr Geflüchteten die Aufnahme einer Beschäftigung zu ermöglichen. Dies zeigen die Erfahrungen u.a. des schleswig-holsteinischen Beratungsnetzwerks „Alle an Bord!“ und nicht zuletzt die Analysen des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung der Bundesagentur für Arbeit. Sie bestätigen, dass mit dem Erlernen der deutschen Sprache und mit der Streichung des Beschäftigungsverbots die Zahl der erwerbstätigen Geflüchteten signifikant steigen würde.
Weiterhin würden mit dem – nicht zuletzt auch von der Wirtschaft geforderten – Verzicht auf die Arbeitsverbote und die Beschäftigungserlaubniszuständigkeit der Ausländerbehörden diese erheblich entlastet. Geflüchtete könnten sich ohne bürokratische Umwege direkt auf Arbeitsstellen bewerben, ohne durch z.T. monatelange ausländeramtliche Erlaubnisverfahren von der Arbeitsaufnahme abgehalten zu werden.
gez. Martin Link, Flüchtlingsrat Schleswig-Holstein e.V., T. 0431-5568 5640. public[at]frsh.de