Nach dem Flüchtlingsrat vorliegenden Informationen ist ein Ergebnis der Berliner Koalitionsausschussrunde vom Dienstag, dass den Bundesländern für ihre Kommunen eine Milliarde Euro für die Versorgung von Flüchtlingen zu Verfügung gestellt werden sollen. Allerdings gelte dieses Angebot unter dem Vorbehalt, dass die Novelle zum Asylbewerberleistungsgesetz (AsylbLG) im Bundesrat angenommen wird.
Diese Gesetzesnovelle steht allerdings unter erheblicher Kritik einiger Länder und Nichtregierungsorganisationen. Der Bund setzt offensichtlich darauf, die bis dato stehende Ablehnungsfront der grün und links mitregierten Bundesländer im Bundesrat, die zum Thema AsylbLG den Vermittlungsausschuss anrufen wollen, zum Bröckeln zu bringen.
Menschenrechts- und Flüchtlingsorganisationen sind alarmiert: das vom Bundestag und -kabinett schon beschlossene, allerdings im Bundesrat zustimmungspflichtige Gesetz zur Novellierung des AsylbLG bleibt weit hinter dem zurück, was das Bundesverfassungsgericht 2012 dem Gesetzgeber mit Blick auf die Unteilbarkeit der Menschenwürde aufgegeben hatte! Der Flüchtlingsrat schließt sich den Forderungen von <link file:1606 download herunterladen der datei>PRO ASYL und der Kampagne <link http: stopasylblg.de external-link-new-window externen link in neuem>stop asylblG nach Abschaffung anstatt einer Verschlimmbesserung des Asylbewerberleistungsgesetzes an (s.u.).
Besorgniserregend sind Signale aus NRW, sich auf das unseriöse Angebot des Bundes einzulassen und stattdessen auf Entlastung der Länderhaushalte durch eine Änderung der AsylbLG-Novelle, die via Vermittlungsausschuss erreicht werden sollte, zu verzichten.
Der Flüchtlingsrat Schleswig-Holstein hat sich mit einem dringenden Appell an Ministerpräsident Albig und Innenminister Studt gewandt, im Rahmen ihrer Möglichkeiten dafür Sorge zu tragen,
- dass Schleswig-Holstein hinsichtlich der Ablehnung der AsylbLG-Novelle nicht von der Fahne geht, sich nicht auf die Erpressung seitens des Bundes einlässt und ein Junktim zwischen dringend benötigter Bundesförderung von Aufnahme und Unterbringung der Flüchtlinge in Ländern und Kommunen und der AsylbLG-Novelle ablehnt,
- dass auch in anderen Bundesländern die Strategie, das Gesetz zur AsylbLG-Novelle scheitern zu lassen, nicht aufgegeben wird.
gez. Martin Link
Anlage zur PE des Flüchtlingsrates Schleswig-Holstein e.V. vom 27.11.2014:
Pressemitteilung, 27. November 2014
Asylbewerberleistungsgesetz endlich abschaffen!
Keine Zustimmung im Bundesrat zu dem diskriminierenden Sondergesetz und der Fortsetzung der lebensgefährlichen Minimalmedizin
Am 6. November 2014 hat der Bundestag den Regierungsentwurf zur Novellierung des Asylbewerberleistungsgesetzes (AsylbLG) in 2. und 3. Lesung unverändert beschlossen. Nun soll am 28. November 2014 im Bundesrat die letzte Abstimmungshürde genommen werden. Im Bundestagsausschuss für Arbeit und Soziales verweist die SPD “mit Stolz darauf, dass die Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts nunmehr umgesetzt würden – und das in einem guten Gesetz.“ Das sehen die über dreißig im Bundesgebiet aktiven medizinischen Flüchtlingshilfen, Medibüros und Medinetze anders:
Die seit über zwei Jahren ausstehende Anpassung der Leistungshöhe, des Personenkreises sowie der Bezugsdauer an die Maßgaben des Urteils vom Bundesverfassungsgericht vom 18. Juli 2012 werden nur sehr unzureichend umgesetzt. Der vom Bundestag beschlossene Entwurf hält an unbefristeten Leistungseinschränkungen und Sanktionen, entwürdigenden Sachleistungen und einer lebensgefährlichen Minimalmedizin fest. Die Behörden können faktisch nach Belieben entscheiden, in welcher Höhe sie Leistungen kürzen. Dies stellt einen verfassungswidrigen Eingriff in das Grundrecht auf ein menschenwürdiges Existenzminimum dar.
Der medizinische Leistungsanspruch beschränkt sich auf die Behandlung akuter Krankheiten und Schmerzen. Jede darüber hinausgehende Behandlung ist eingeschränkt und individuell beim Sozialamt zu beantragen. Über die Behandlungsbedürftigkeit entscheiden dort medizinisch unqualifizierte Mitarbeiter*innen. Dies führt zu gesundheitlicher Fehl- und Unterversorgung. Auch Menschen, die sich ohne Papiere in Deutschland aufhalten, haben Anspruch auf Leistungen nach AsylbLG. Ihnen droht nach dem Kontakt mit dem Sozialamt jedoch die Abschiebung. Daher begeben sie sich oft nicht in ärztliche Behandlung. Krankheiten, Trauma- oder Unfallfolgen werden so verschleppt, bis diese chronifizieren oder zu Notfällen werden. Tagtäglich sehen wir in unserer Praxis die Folgen dieser gesundheitlichen Schäden bis hin zu Todesfällen. Diese medizinische Unterversorgung ist lebensgefährlich, ethisch nicht zu verantworten und verstößt gegen das Menschenrecht auf Gesundheit und ein menschenwürdiges physisches Existenzminimum.
Gemeinsam mit deutschen Wohlfahrts- und Sozialverbänden, Ärzt*innenvertretungen, Flüchtlingsräten und Geflüchteten-Selbstorganisationen fordern wir die Abschaffung des AsylbLG und die Einbeziehung der betroffenen Menschen in die regulären sozialen Sicherungssysteme sowie die gesetzlichen Krankenkassen. Die Versorgung wäre dann um ein vielfaches menschenwürdiger, aber auch kostensparender und unbürokratischer. DasRecht auf Gesundheitsversorgung gilt für alle und darf migrationspolitisch nicht relativiert werden!
Weitere Informationen sowie Fallbeispiele erhalten Sie auf der Kampagnen-Website. www.stopasylblg.de.
Wir fordern insbesondere die SPD- und GRÜNEN-geführten Landesregierungen auf, sich weiterhin für die Abschaffung des Asylbewerberleistungsgesetz einzusetzen: Stimmen Sie im Bundesrat gegen den Gesetzentwurf, so dass der Vermittlungsausschuss tätig wird.
Für Rückfragen stehen wir Ihnen gerne zur Verfügung: <link>kampagne@stopasylblg.de
Vera Bergmeyer, Medinetz Bremen: 0151 21642610
Elène Misbach und Jessica Groß, Medibüro Berlin: 0177 4027583 und 0172 187024
Rainer Neef, Medinetz Göttingen: 0551 793742