Zeitgleich mit der Meldung, die niedersächsische Regierung habe einen beschlussfertigen Staatsvertrag mit muslimischen Verbänden ausgehandelt, erreicht den Flüchtlingsrat die Antwort der Schleswig-Holsteinischen Landesregierung auf eine Kleine Anfrage der Landtagsfraktion „Die Piraten“ (<link http: www.landtag.ltsh.de infothek wahl18 drucks drucksache-18-4257.pdf>Drucksache 18/4257): Nein, mit der jetzigen Landesregierung werde es einen solchen Vertrag nicht geben. Bis zum März 2016 seien Gespräche mit verschiedenen Verbänden geführt worden, nun seien keine weiteren Gespräche geplant. Die „Komplexität der Themen“ mache es unmöglich, die Verhandlungen vor den nächsten Wahlen abzuschließen.
Aus Sicht des Flüchtlingsrates geht dieser Verhandlungsabbruch einseitig zulasten der rund 85.000 Muslim_innen und Alevit_innen im Bundesland. Das ist gerade jetzt, wo antimuslimische Ressentiments und Hetzpropaganda zunehmend politische Debatten um Zuwanderung und Integration bestimmen, ein falsches Signal: Laut einer aktuellen Studie der Universität Leipzig befürworten 40% der Bevölkerung, Muslim_innen die Zuwanderung nach Deutschland zu untersagen.
„Wenn wir eine Begegnung auf Augenhöhe wollen, darf es gegenüber den Religionsgemeinschaften keine Zwei-Klassen-Politik geben“, erklärt Martin Link, Geschäftsführer des Flüchtlingsrats Schleswig-Holstein, mit Blick auf den bestehenden Staatsvertrag mit den Kirchen. Es sei nicht nachvollziehbar, dass die Landesregierung ohne weitere Erklärung die Verhandlungen mit den muslimischen Verbänden abbreche.
Scheitert der Staatsvertrag lediglich an Uneinigkeiten der Verhandlungspartner im Detail? Oder knickt hier die Landesregierung vor der „<link https: service.uni-leipzig.de cumulus-fotogalerie>enthemmten Mitte“ (so der Titel der o.g. Studie der Uni Leipzig) ein? Fatal wäre, wenn der Rückzug aus einem so wichtigen politischen Projekt aus Sorge um die Parteienpopularität oder anderen schlechten Gründen geschähe. Oder soll hier nur einer öffentlichen Debatte mit Teilen der Opposition ausgewichen werden, die den Staatsvertrag zu einer Integrationspflichtenliste für muslimische Zuwander_innen herabwürdigen will? Handelt es sich um einen Deal: Kein Staatsvertrag mit den Muslim_innen gegen keinen Gottesbezug in der Landesverfassung?
So oder so – es bleibt eine Entscheidung zum Schaden der politischen Kultur in Schleswig-Holstein.
gez. Jana Pecenka, Martin Link