Die Bundesregierung hat den syrischen Botschafter ausgewiesen. Bundesaußenminister Westerwelle fordert schärfere Sanktionen. Doch das Anfang 2009 in Kraft getretene deutsch-syrische Rückübernahmeabkommen existiert weiter. Flüchtlingsrat Schleswig-Holstein und PRO ASYL fordert die sofortige Aufkündigung.
Schon bei Abschluss des “Abkommens zwischen der Regierung der Bundesrepublik Deutschland und der Regierung der arabischen Republik Syrien über die Rückführung von sich illegal aufhaltenden Personen” war klar: Es war und ist ein Vertrag mit notorischen Folterern.
Nicht nur Menschenrechtsorganisationen berichteten bereits vor Abschluss des Abkommens über das Ausmaß der Menschenrechtsverletzungen in Syrien. Auch in den Berichten des Auswärtigen Amtes finden sich regelmäßig ausreichende Hinweise z.B. auf mit Folter einhergehende willkürliche Inhaftierungen.
Über die Folgen des mit dem Assad-Regime abgeschlossenen Vertrages berichtete die Bundesregierung selbst: Von 73 zwischen Januar 2009 und Juni 2010 aus Deutschland nach Syrien abgeschobenen Flüchtlingen wurden mindestens 14 umgehend von den syrischen Behörden inhaftiert.
Die inzwischen völlig eskalierte Gewalt der syrischen Regierung bringt auch SyrerInnen im Exil auf die Straße. Für kommenden Samstag, den 16. Juni 2012, ruft die Freie Deutsch-Syrische Gesellschaft e.V. zu einer Demonstration gegen Unterdrückung und Gewalt in Syrien und für einen Regimewechsel auf (Anlage siehe unten).
Die Bundesregierung hält einstweilen an ihrer Politik fest, Rückübernahmeabkommen, die Abschiebungen erleichtern sollen, mit jedem dazu bereiten Staat zu schließen, ob demokratisch oder nicht. Offenbar wird das deutsch-syrische Rückübernahmeabkommen nicht gekündigt, weil man hofft, nach einem möglichen Machtwechsel umgehend die Abschiebungspraxis wieder aufnehmen zu können. Derzeit sind Abschiebungen aus Deutschland nur bis August 2012 ausgesetzt.
Die Begründungen für den Fortbestand des Rückübernahmeabkommens von Seiten der Regierungskoalition im Bundestag machen sprachlos. MdB Michael Frieser (CSU) behauptete im Bundestag am 26. Januar 2012, mit dem Abkommen verpflichte man das Assad-Regime zu seinen Zusagen zu stehen. “Denn wenn wir Staaten, die sich in dieser Art und Weise verhalten, auch noch aus ihren völkerrechtlichen Verpflichtungen entlassen, dann entbinden wir sie ja jeglicher Verpflichtung.”
Das suggeriert, das deutsch-syrische Rückübernahmeabkommen fuße auf menschenrechtlicher Grundlage. Dies ist nicht der Fall. Es enthält ausschließlich prozedurale Regelungen mit dem Ziel, Abschiebungen zu erleichtern.
gez. Martin Link, Flüchtlingsrat Schleswig-Holstein e.V.
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DOKUMENTATION:
PRESSEINFORMATION
Gegendemonstration zum Aufmarsch der Pro-Assad-Bewegung" in Hamburg
Hamburg, 11.6.2012
Am 16.6.2012 findet in Hamburg eine Demonstration von Befürwortern der syrischen Regierung unter dem Präsidenten Bashar Al Assad statt.
Die Pro-Assad Demonstranten wollen sich am 16.06.2012 ab 14:00 Uhr am Hachmannplatz in Hamburg unter dem Motto “Demonstration gegen den aufkommenden Krieg in Syrien und für die Fortführung des Reformprogramms unter Bashar Al Assad” versammeln und über die Mönckebergstraße zum Jungfernstieg marschieren.
Die internationalen Medien berichten täglich über die katastrophale humanitäre Lage und die sich wiederholenden Massaker in Syrien, ausgeführt von der syrischen Armee und Assads treuen Schergen. Derweil ist die internationale Gemeinschaft durch die politisch gefestigte russische und chinesische Haltung paralysiert und handlungsunfähig. Der noch vor wenigen Wochen hoch gehandelte und als einziger politischer Ausweg betrachtete Sechs-Punkte Friedensplan der internationalen Gemeinschaft unter der Schirmherrschaft von Kofi Annan ist nach Angaben der UN aufgrund fehlender Kompromissbereitschaft und Initiative der syrischen Regierung als gescheitert bewertet worden.
Dem syrischen Präsidenten Bashar Al Assad werden Verbrechen gegen die Menschlichkeit vorgeworfen. Das syrische Regime ist totalitär und unterdrückt den demokratischen Willen des Volkes. Wahllos werden Menschen exekutiert, junge Mädchen systematisch vergewaltigt und Anhänger von demokratischen Bewegungen sowie oppositionelle zu Tode gefoltert. Nebenbei hatte sich der Assad-Clan über Jahre auf Kosten anderer bereichert und ein komplexes Netzwerk von Korruption und Vetternwirtschaft aufgebaut.
Der Verein “Freie Deutsch-Syrische Gesellschaft e.V.” aus Hamburg möchte seine Stimme gemeinsam mit allen Freunden der Demokratie und Menschenrechte gegen diese Demonstration für ein totalitäres und menschenverachtendes Regime erheben. Es ist in unseren Augen befremdlich wie Mitbürger aus unserem demokratischen Land das Recht auf Meinungsäußerung nutzen, um im Gegenzug für ein Regime zu demonstrieren, welches gerade diese freie Meinungsäußerung mit Folter und Tod bestraft. Der Aufruf der Demonstration für eine Fortsetzung des Reformprogramms der syrischen Regierung ist aufgrund der internationalen Meinung über die fehlende Kompromissbereitschaft der syrischen Regierung ebenso wenig nachvollziehbar.
Mit all unseren Unterstützern planen wir eine Gegenkundgebung am 16.06.2012 ab 15.00 Uhr am “Jungfernstieg”- Kreuzung “Große Bleichen”. Es werden kurze Ansprachen gehalten und Aufklärungsarbeit vor Ort betrieben. Gemeinsam wollen wir dem unterdrückten syrischen Volk aus der Ferne beistehen.
Wir bitten Sie um Mithilfe. Berichten, debattieren und diskutieren Sie die Lage in Syrien öffentlich, verweisen Sie auf unsere Gegenkundgebung und helfen Sie uns durch ihre aktive Unterstützung ein Zeichen für die Menschen in Syrien setzen.
Der Verein “Freie Deutsch-Syrische Gesellschaft e.V.” mit Sitz in Hamburg steht für:
- Menschenrechte
- Demokratie
- Rechtsstaatlichkeit
- Pressefreiheit
- Gleichberechtigung
- Soziale Verantwortung
- Aufklärungsarbeit
Gerne stehe ich Ihnen persönlich für weitere Fragen zu Verfügung.
“Freie Deutsch-Syrische Gesellschaft e.V.”
c/o Dr. Dirar Tahhan, Försterweg 36, 22525 Hamburg,
Tel. 01702387294, <link mail ein fenster zum versenden der>d_tahhan@yahoo.de