Der Flüchtlingsrat Schleswig-Holstein begrüßt den Appell der Kieler Ratsversammlung für eine Verlängerung und Nachbesserung der Gesetzlichen Altfallregelung. Der <link http: www.frsh.de presse pe_altfall_18.06.09_anhang2.pdf>fraktionsübergreifende Antrag ist am 11. Juni 2009 mit nur einer Gegenstimme angenommen worden.
Der Appell der Ratsversammlung verdeutlicht die Dringlichkeit der Situation: Für bundesweit gut 35.000 Menschen entscheidet sich bis zum 31.12.2009, ob sie eine dauerhafte Aufenthaltserlaubnis erhalten oder nicht. Denn die Hälfte der Menschen, die eine Aufenthaltserlaubnis auf der Basis geltender Bleiberechtsregelungen erhalten hat, besitzt nur eine Aufenthaltserlaubnis ''auf Probe''. Am Ende dieses Jahres droht ihnen der Rückfall in Kettenduldung und Ausreisepflicht.
Nach Informationen des Innenministeriums Schleswig-Holstein zur Umsetzung der Gesetzlichen Altfallregelung (§104a AufenthG) hatten im Frühjahr 2009 im Bundesland 505 Menschen eine Aufenthaltserlaubnis (AE) nach der Altfallregelung erhalten, 77% davon (391) nur "auf Probe" mit einer vorläufigen Gültigkeit bis Ende 2009 (<link http: www.frsh.de presse pe_altfall_18.06.09_anhang.pdf>Graphik). Wer dann nicht nachweisen kann, für sich und ggf. die Familie den Lebensunterhalt "überwiegend eigenständig gesichert" zu haben, verliert die Aufenthaltserlaubnis.
Gerade Familien mit mehreren minderjährigen Kindern finden kaum ausreichend finanzierte Erwerbsarbeit und müssen regelmäßig als sog. Aufstocker ihr Einkommen durch öffentliche Leistungen ergänzen. Ausnahmen für alte, kranke oder behinderte Menschen sind ohnehin faktisch ausgeschlossen und auch sie bleiben damit chancenlos. Mit Blick auf die gesamtwirtschaftliche Entwicklung wird es aber auch für erwerbsfähige Menschen immer schwieriger, dauerhaft Arbeit zu finden. Dies gilt um so mehr, als viele Flüchtlinge bisher per Gesetz und Verordnungslage vom Arbeitsmarkt ausgeschlossen waren.
Wenn ein Großteil der Menschen mit einer Aufenthaltserlaubnis "auf Probe" zu Jahresende wieder in die Duldung zurückfällt, bedeutet das ein Scheitern der Gesetzlichen Bleiberechtsregelung. Die meisten der Betroffenen können am Ende faktisch nicht abgeschoben werden, was nach mehr als achtjährigem Aufenthalt ohnehin inhuman wäre. Ihnen erneut das Leben mit einer Kettenduldung schwer zu machen, ist kontraproduktiv und führt im Ergebnis für die Betroffenen zu amtlich erzwungener Abhängigkeit von der öffentlichen Hand.
Trotz des offensichtlichen dringenden Handlungsbedarfes konnte sich die Innenministerkonferenz Anfang Juni 2009 in Bremerhaven nicht auf Nachbesserungen der Altfallregelung verständigen. Die Defizite der Gesetzlichen Altfallregelung müssen deshalb umgehend durch rechtspolitische Entscheidungen des Bundestages gelöst werden. Eine Vertagung auf die Zeit nach der Bundestagswahl kann nicht im Interesse aller an diesem Prozess Beteiligten sein.
Es wird Zeit für eine Gesetzliche Altfallregelung, die diesen Namen auch verdient: regelmäßig zugänglich für alle langjährig geduldeten Flüchtlinge, ohne Stichtagsabhängigkeit, ohne Ausgrenzung von Alten oder Behinderten und ohne sonstige soziale und rechtliche Ausschlusstatbestände!
gez. Martin Link