Der Westbalkan ist vor allem für Romnija und Roma, die dort extremer Diskriminierung ausgesetzt sind, höchst gefährlich. Romnija und Roma werden regelmäßig vom Arbeitsmarkt ausgeschlossen. Frauen, Männer und Kinder leben in überfüllten Verschlägen, ohne Strom, Wasser und Kanalisation. Ihre Lebenserwartung ist gering. Staatlichen Schutz vor Gewalt suchen sie vergebens.
Beantragen Menschen aus „sicheren Herkunftsstaaten“ in Deutschland Asyl, werden für sie nur sogenannte Schnellverfahren durchgeführt, im Rahmen derer Fluchtgründe erheblich schwerer vorzubringen sind als in regulären Verfahren und in denen kaum die Möglichkeit besteht, Beratungen in Anspruch zu nehmen. Von Integrationsförderung ausgeschlossen bleiben sie während des Asylverfahrens im Ausreiszentrum in Boostedt wohnverpflichtet.
Dennoch erging im ersten Halbjahr 2016 nach Angaben des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge in 154 Fällen ein Abschiebeverbot, in 77 Fällen wurde subsidiärer Schutz erteilt, in 17 Fällen wurde die Flüchtlingseigenschaft nach der Genfer Flüchtlingskonvention zuerkannt und in einem Fall erhielt die betroffene Person Asyl nach Artikel 16a Grundgesetz. „Diese Zahlen stehen im deutlichen Konflikt mit der Klassifizierung der Westbalkenstaaten als sichere Herkunftsstaaten“, bemerkt Andrea Dallek vom Flüchtlingsrat Schleswig-Holstein, „Sie belegen deutlich, dass es in diesen Ländern Gefahren bis hin zur Verfolgung gibt.“
Erschwerend kommt hinzu, dass sich Diskriminierung auch hierzulande fortsetzt: Antiziganismus, der Rassismus gegen Roma und Sinti, ist ein auch in Deutschland weit verbreitetes Phänomen. Oft fällt er hierzulande mit der verharmlosenden Bezeichnung „Wirtschaftsflüchtlinge“ zusammen, der Armut im Fall von Romnija und Roma ethnisiert. „Der Begriff ‚Wirtschaftsflüchtling‘ täuscht über Verfolgung und massive Diskriminierung als Fluchtgründe hinweg“, so Dallek. Er ziele darauf, den berechtigten Schutzanspruch von Romnija und Roma in Deutschland zu delegitimieren.
Zum Internationalen Tag der Roma findet am Samstag, den 8. April, um 14 Uhr eine Kundgebung am Gedenkstein der Sinti und Roma im Kieler Hiroshimapark statt. Veranstalter sind Nara –netzwerk antirassistische aktion kiel, und Romano Jekipe Kiel.