In Afghanistan vergeht kaum ein Tag ohne Anschlag. Seit dem Abzug der NATO-Truppen sind die Taliban auf dem Vormarsch: weit über die Hälfte der Bezirke und fünf Provinzhauptstädte in Afghanistan stehen schon unter Kontrolle der Taliban. Die dritte Welle der Covid-19-Pandemie verschärft die humanitäre Situation im Land zusätzlich. Die Lage am Hindukusch ist dramatisch und wird sich aller Voraussicht nach weiter verschlechtern.
Ein Stopp aller Abschiebungen nach Afghanistan ist dringend geboten.
Die afghanische Regierung hat bereits im Juli die europäischen Staaten aufgefordert, vorläufig keine Abschiebungen mehr durchzuführen. Norwegen, Finnland und Schweden sind dieser Aufforderung nachgekommen. Auch die Grenzschutzagentur Frontex hat Anfang August bekanntgegeben, keine Abschiebungen nach Afghanistan mehr unterstützen zu wollen. Zudem hat der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte in einer Eilentscheidung am 2. August eine Abschiebung aus Österreich nach Kabul, die ursprünglich gemeinsam mit Deutschland stattfinden sollte, mit Verweis auf die dortige Sicherheitslage gestoppt.
Auch Deutschland darf die Augen nicht verschließen und muss Abschiebungen einstellen.
Rechtsstaat heißt, dass menschenrechtliche Prinzipien eingehalten werden. Sie dürfen auch nicht in einem Wahlkampf zur Verhandlung gestellt werden. Das völkerrechtliche Nicht-Zurückweisungsgebot, das aus dem absoluten Folterverbot abgeleitet wird und das Abschiebungen bei zu erwartenden schwersten Menschenrechtsverletzungen verbietet, gehört hierzu. Dieses Abschiebungsverbot gilt unabhängig von individuellem Verhalten.
„Deshalb ist es hochnotpeinlich, dass sich Horst Seehofer – immerhin der Verfassungs- und Völkerrechtsminister Deutschlands – am <link https: twitter.com kmlvrmln status>5. August gemeinsam mit anderen europäischen Innenministern schriftlich an die EU-Kommission mit der Forderung nach mehr Druck auf die afghanische Regierung, Abschiebungen zuzustimmen, gewendet hat“, entrüstet sich Martin Link, Geschäftsführer beim Flüchtlingsrat Schleswig-Holstein.
Der Flüchtlingsrat hatte zuletzt am 27. Juli einen dringenden <link aktuell presseerklaerungen presseerklaerung news afghanistan-altbackenes-und-beschoenigendes-papier-des-auswaertigen-amts>Appell an die Kieler Landesregierung gerichtet, sich beim Bund für einen bundeseinheitlichen Afghanistan-Abschiebungsstopp einzusetzen und hilfsweise einen landeseigenen Abschiebungsstopp zu erlassen.
Aufruf unterzeichnet von
- AG Migrationsrecht im Deutschen Anwaltverein
- Aktion der Christen für die Abschaffung der Folter (ACAT-Deutschland)
- Aktionsgemeinschaft Dienst für den Frieden (AGDF)
- Amnesty International
- AWO Bundesverband
- Brot für die Welt
- Bundesweite Arbeitsgemeinschaft Psychosozialer Zentren für Flüchtlinge und Folteropfer - BAfF e.V.
- Bundesweite Bündnis gegen Abschiebungen nach Afghanistan
- Deutscher Caritasverband
- Diakonie Deutschland
- Jesuiten-Flüchtlingsdienst Deutschland
- KOK - Bundesweiter Koordinierungskreis gegen Menschenhandel e.V.
- Komitee für Grundrechte und Demokratie e.V.
- Landesflüchtlingsräte/Flüchtlingsrat Schleswig-Holstein e.V.
- medica mondiale e.V.
- medico international
- MISEREOR
- Neue Richtervereinigung e.V.
- Nürnberger Menschenrechtszentrum e.V.
- Oxfam Deutschland
- PRO ASYL
- Republikanischer Anwältinnen - und Anwälteverein e.V. (RAV)
- Seebrücke
- terre des hommes Deutschland e.V.
- Women's International League for Peace and Freedom (WILPF)
- YAAR e.V.