Flüchtlingsrat fordert Privatunterbringung von Flüchtlingen statt Ausbau von Gemeinschaftsunterkünften!
Stolz führte der Lauenburger Landrat Gerd Krämer heute zum Besichtigungstermin durch die fünf neuen Räume der ehemaligen Polizeifreizeitheims in dem 1680-Seelen-Dorf Gudow. Ein ganz besonderes Anliegen sei es ihm gewesen, dass es nach der Renovierung auch einen Gemeinschaftraum gäbe, sagte der Landrat und wies auf ein Gartenmöbelarrangement in einem 16 qm großen und ansonsten kahlen Zimmer. Darüber hinaus hoffe er, dass nun endlich wieder Ruhe einkehre rundum das August-Schilinski-Heim.
Die "Unruhe" war vor anderthalb Jahren entstanden, als die Bedingungen für die 40 dort untergebrachten Flüchtlingen in der verwahrlosten Unterkunft unerträglich wurden. Sie schrieben einen <link schl_29 s29_regio.pdf _blank>Brief an den Landrat und schalteten den Landesbeauftragten für Flüchtlinge und Zuwanderung ein. Vor allem bemängelten die Bewohner die völlig unzureichenden hygienischen und sanitären Verhältnisse, die mangelhafte Versorgung mit Lebensmitteln sowie die soziale Isoliertheit aufgrund der Abgeschiedenheit des Dorfes.
Das schleswig-holsteinische Innenministerium sah sich Ende 2004 durch die Proteste dazu ermuntert, dem Heim den Status der Gemeinschaftsunterkunft zu entziehen. Landrat Krämer wollte dagegen eisern am Fortbestehen dieser aus Sicht des Flüchtlingsrates stigmatisierenden und in ihrer Qualität unwürdigen Unterkunft festhalten, was nur durch einen Ausbau der Einrichtung möglich war.
Die Renovierung des Heims orientiert sich offensichtlich an den Mindestvorgaben des Landes. D.h. den maximal vierzig Personen stehen einige Quadratmeter mehr zur Verfügung als vor dem Umbau.
"Die neu angemalten zweimal drei Gruppenduschen im Altbau sind nach wie vor unzureichend." erklärt Bernhard Karimi vom Flüchtlingsrat und kritisiert weiter: "Den BewohnerInnen sollen in der Küche immerhin 24 Kochplatten aber nur zwei Wasserhähne ausreichen!"
Seit Jahren sinkt die Zahl der Asylsuchenden in der Bundesrepublik beharrlich um 30 Prozent jährlich. In Schleswig-Holstein werden reihenweise Sammelunterkünfte geschlossen. Der Kreis Pinneberg hat beispielsweise keine einzige Gemeinschaftsunterkunft mehr. Auch die beiden großen Aufnahmeeinrichtungen in Lübeck und Neumünster können ihren Betrieb mangels neuer Zugänge kaum noch aufrechterhalten.
Im Kreis Herzogtum Lauenburg ging die Zahl der AsylbewerberInnen von Dezember 2004 bis September 2005 von 615 zurück auf 517. In dieser Situation wirkt ein Ausbau der Kapazitäten anachronistisch und unverständlich: Die Kosten der Baumaßnahmen belaufen sich insgesamt immerhin auf 270.000 Euro.
Der Flüchtlingsrat Schleswig-Holstein setzt sich ein für einen menschenwürdigen Umgang der Behörden mit den hier Schutz suchenden Flüchtlingen. Dazu gehört eine angemessene Versorgung mit Wohnraum, Zugang zu medizinischer Versorgung, Bildung, Arbeit und gesellschaftlicher Teilhabe.
Die Unterbringung in j.w.d.-gelegenen Sammelunterkünften und die in Gudow praktizierte entmündigende Versorgung mit Lebensmittelpaketen statt mit Bargeld lehnt der Flüchtlingsrat ab. Eine Unterbringung der Flüchtlinge in Wohnungen erscheint mit Blick auf die Zahlenentwicklung wie anderenorts auch im Kreis Herzogtum Lauenburg problemlos möglich. Sie ist weniger diskriminierend, sozial verträglicher und darüber hinaus sehr viel kostengünstiger.
gez. Bernhard Karimi
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