Beim neuen Chancen-Aufenthaltsrecht für langjährig geduldete Geflüchtete gibt es auf den letzten Metern noch einige gravierende Änderungen: Unter anderem wird gegenüber dem ersten Gesetzentwurf der Stichtag auf den 31.10.2022 verschoben und das Chancen-Aufenthaltsrecht auf 18 Monate verlängert.
Aber es gibt auch eine gravierende Verschlechterung: Jugendliche und junge Erwachsene sollen eine Aufenthaltserlaubnis nach §25a Aufenthaltsgesetzt nur erhalten, wenn sie mindestens ein Jahr geduldet wurden. Für ein Aufenthaltsrecht nach §25b AufenthG gilt diese Einschränkung nicht.
Das Chancen-Aufenthaltsrecht soll heute in 2. und 3. Lesung im Bundestag beschlossen werden.
Flüchtlingsrat und Vormundschaftsverein lifeline rufen den Bundestag auf, dem Gesetz in dieser Form nicht zuzustimmen, sondern Nachbesserung zugunsten der jugendlichen Geflüchteten durchzusetzen.
Es war ein langer Weg zu dieser Gesetzesnovelle: Die Voraufenthaltszeit für gut integrierte Jugendliche, um nach §25a AufenthG eine Aufenthaltserlaubnis zu erhalten, soll endlich von vier auf drei Jahre verkürzt werden. Ein Meilenstein für die jungen Menschen, deren Bemühungen damit wesentlich schneller zu der so notwendigen Aufenthaltsverfestigung – und damit zu Sicherheit und erfolgreicher Integrationsperspektive – führen können.
Nun soll diesen jungen Menschen, die nach allen Erfahrungen – wenn man sie lässt – in kürzester Zeit Höchstleistungen vollbringen, ein Duldungsjahr auferlegt werden. Ein Jahr, indem sie beim Bildungs- und Arbeitsmarktzugang ausgebremst werden, ständig die Abschiebungen droht und sie so weiter einer demotivierenden Unsicherheit ausgesetzt sind.
„In der Begleitung von jungen Geflüchteten erleben wir täglich, dass aber gerade Sicherheit, Perspektive und Selbstwirksamkeit für die Jugendlichen entscheidend sind“, erklärt Dorothee Paulsen, Referentin beim Vormundschaftsverein für minderjährige Geflüchtete – lifeline e.V.
Dieser „faule Kompromiss“ (PE BumF, tdh, JoG und PRO ASYL v. 30.11.2022) bewirkt aber das Gegenteil. „Und er sendet das Signal, dass die politische Verweigerung wirksamen Flüchtlingsschutzes künftig besonders auf dem Rücken derer ausgetragen werden soll, die nach dem Kinder- und Jugendhilfegesetz den höchsten Schutzanspruch und gleichzeitig am wenigsten Stimme haben“, mahnt Martin Link, Geschäftsführer beim Flüchtlingsrat Schleswig-Holstein.
Angesichts von Arbeits- und Fachkräftemangel und zu vielen unbesetzten Ausbildungsstellen sei dies zudem für die gesamte Gesellschaft eine widersinnige Entscheidung, ausgerechnet hochmotivierte junge Menschen auszubremsen.
Pressekontakt:
- lifeline e.V., Dorothee Paulsen, T. 0431 - 240 58 27, dorothee.paulsen(at)lifeline-frsh.de
- Flüchtlingsrat SH, Martin Link, T. 0431-5568 5640, public(at)frsh.de