Abdulla Mehmut aus Lübeck und Ingrid Heller aus Altenholz erhielten am 2. März das Bundesverdienstkreuz für ihr Engagement in der Flüchtlingssolidarität aus der Hand von Ministerpräsident Torsten Albig.
„Wir begrüßen die Ehrung unserer Mitglieder,“ freut sich Martin Link, Geschäftsführer beim Flüchtlingsrat Schleswig-Holstein: „Ingrid Heller und Abdulla Mehmut leisten seit Jahrzehnten hoch kompetent und immer verlässlich Unterstützung für hierzulande Schutz Suchende.“
Aus der Antiapartheidarbeit zu Südafrika erwuchs Ingrid Hellers seit mehr als 25 Jahren bestehendes Engagement für direkte Hilfen insbesondere für AsylbewerberInnen und Flüchtlinge.
Der Kurde Abdulla Mehmut kam 1990 selbst als Flüchtling aus dem Nordirak nach Deutschland. Er ist Gründungsmitglied des Lübecker Flüchtlingsforums e.V. und des Netzwerks Forum für Migrantinnen und Migranten der Hansestadt. Für sein besonderes Engagement dabei Asylsuchende und Flüchtlinge im Asylverfahren und beim heimisch werden in der neuen Heimat zu unterstützen, erhielt <link http: www.frsh.de fluechtlingsrat leuchtturm-des-nordens leuchtturm-des-nordens-2006-abdulla-mehmut-migrationssozialberater-aus-luebeck externen link in neuem>Abdulla Mehmut im Jahr 2006 den Preis <link http: www.frsh.de fluechtlingsrat leuchtturm-des-nordens externen link in neuem>Leuchtturm des Nordens.
Bis heute setzt sich Abdulla Mehmut insbesondere für Flüchtlinge aus dem Irak ein. Dort herrschen seit 30 Jahren Krieg und Gewalt. In diesen Monaten macht einmal mehr ein opferreicher Stellvertreterkrieg, der insbesondere zwischen Kurden und dem sogenannten „Islamischen Staat“ ausgetragen wird, Schlagzeilen.
Opfer der aktuellen Eskalation sind u.a. über 2 Millionen Binnenvertriebene, unter ihnen tausende entführte und misshandelte yezidische Frauen. Aus <link file:1613 download herunterladen der datei>Baden-Württemberg verlautete am 27. März, dass die dortige Landesregierung 1.000 Frauen aus dieser Gruppe im Zuge eines Kontingents aufnehmen wird. Auch die Landesregierung Schleswig-Holsteins hatte sich im <link http: www.frsh.de aktuell presseerklaerungen presseerklaerung article spd-laender-fordern-irak-fluechtlingsaufnahme-sh-legt-bericht-zur-fluechtlingsunterbringung-vor externen link in neuem>August 2014 für die Aufnahme von Flüchtlingen aus dem Nordirak ausgesprochen. Unterstützung hatte die Landesregierung dafür auch aus dem Parlament erhalten (<link http: www.landtag.ltsh.de infothek wahl18 drucks drucksache-18-2215.pdf externen link in neuem>Ds. 18/2215).
Der Flüchtlingsrat fordert die Landesregierung auf, ihren eigenen Worten und der angemessenen Ehrung eines irakischstämmigen Flüchtlingsaktivisten jetzt Taten folgen zu lassen und sich die Stuttgarter Initiative zum Vorbild für eine eigene Irak-Aufnahmeaktion zu nehmen.
gez. Martin Link
Letzte Meldung:
<link file:1643 download herunterladen der datei>Eine ungehaltene Rede
Abdulla Mehmut hatte für die Ordensverleihung am 2. März 2015 einen Redebeitrag vorbereitet. Das Protokoll ließ seinen Vortrag leider nicht zu. Wir dokumentieren die Rede hier folgend:
Meine Damen und Herren,
Sie sehen hier einen Flüchtling vor sich.
Einen Menschen, der vor fast 27 Jahren seine Heimat Kurdistan-Nord Irak verlassen musste. 2 Jahre haben meine Frau, damals drei Kinder, 2 Jahre haben wir in einem Flüchtlingslager in Mardin, im Osten der Türkei, gelebt.
Ich war damals im Flüchtlingslager, in einem Komitee aktiv, das die Aufgabe hatte, sich um die Belange der Flüchtlinge zu kümmern.
Als Komitee schrieben wir damals Briefe an UNHCR und an die Botschaften verschiedener Länder in Ankara. Wir baten diese Länder um die Einreiseerlaubnis und Aufnahme von Flüchtlingen. Wir erhielten Antworten aus den USA, Kanada, Frankreich, Niederlande, Dänemark, Norwegen, Schweden, Finnland, Schweiz und Österreich. Aus Deutschland bekamen wir überhaupt keine Antwort.
Ursprünglich wollte ich nicht nach Deutschland. Ich habe die Opfer des Giftgas-Angriffs auf die kurdische Stadt Halabja gesehen.
Doch glücklicherweise bin ich in Deutschland angekommen. Ich sage bewusst glücklicherweise, denn heute sehe ich Deutschland als meine Heimat. Die meiste Zeit meines Lebens habe ich in Lübeck verbracht. Und ich bin froh, dass meine Kinder in Sicherheit sind und einen freien Zugang zu Bildung haben. Dass sie Rechte genießen können, die ich im Irak nicht hatte.
In Lübeck habe ich hilfsbereite Menschen kennen gelernt, die ihre freie Zeit geopfert haben, um Flüchtlingen zu helfen und auch mich bei meinen ersten Schritten begleitet haben. Ihnen möchte ich ganz herzlich danken. Ich danke Gerhard Krüger, meinem deutschen Bruder, der damals für Amnesty aktiv war. Danke an das Lübecker Flüchtlingsforum, Heike Behrens und Maria Brinkmann, die ganz tolle und wichtige Arbeit für Flüchtlinge geleistet haben und noch leisten, dem Flüchtlingsrat Schleswig Holstein. Ich danke Irene Böhme vom MIMI-Projekt in Lübeck. Mein Dank geht an die Gemeindediakonie Lübeck, die mich in ihre Reihen geholt haben, Herrn Gusak, Frau Eitel, Frau Bauke und mein Arbeitskollege Herr Wolfgang Cramer, dem Migrationsforum in Lübeck. Und ich danke auch meiner Familie, die meine Abwesenheit duldete und mich unterstützte. Ich könnte noch weitere Namen und Einrichtungen nennen, aber das würde sich in die Länge ziehen.
Der Staat allerdings, die Behörden, waren leider nicht immer eine Hilfe. Oft sogar ein Hindernis für unsere Arbeit mit Flüchtlingen. Da wünsche ich mir von meiner Heimat etwas mehr Hilfe, Unterstützung und Schutz für die hilfsbedürftigen Flüchtlinge.
Denn Flucht, meine Damen und Herren, ist nicht immer eine Entscheidung des freien Willens. Flucht ist oft eine unausweichliche Tat um zu Überleben.
Und vergessen Sie nicht. Auch Sie waren mal Flüchtlinge. Denken Sie an die großen Seelen Deutschlands. An all die Künstler, Schriftsteller und Wissenschaftler, die vor dem Nazi-Regime fliehen mussten. Thomas Mann und sein Bruder Heinrich Mann, um nur zwei Lübecker zu nennen.
Meine Damen und Herren. Ich fühle mich geehrt. Ich habe zu danken.
Aber ich möchte dieses Kreuz den zehn Flüchtlingen widmen, die 1996 in der Hafenstraße in Lübeck ums Leben gekommen sind. Noch immer glüht ihre Asche und ich bedaure zutiefst, dass bist jetzt dieser Fall noch nicht aufgeklärt ist.
Die wahren Helden dieser Zeit, meine Damen und Herren und mit diesem Satz möchte ich auch meine Rede beenden, die wahren Helden sind die, die mit all ihrer Kraft den IS bekämpfen und all die Flüchtlinge, die sich auf den Weg machen, um irgendwo in der Fremde ein neues Leben anzufangen.
Danke
Abdulla Mehmut - Kiel, 2. März 2015