Rücknahmeabkommen mit Herkunfts- oder Transitstaaten von Flüchtlingen haben in Deutschland Hochkonjunktur. Die tatsächliche Menschenrechts- und Sicherheitslage und die besonders prekäre Lage von Minderheiten bleiben dabei unberücksichtigt. So kämpfen in Berlin Roma gegen ihre bevorstehende Abschiebung nach Kosovo. Syrische Flüchtlinge und Irakerinnen, die über Syrien nach Deutschland geflohen sind, bangen auch in Schleswig-Holstein um ihr Aufenthaltsrecht, da die Bundesregierung nicht vor Abkommen mit Unrechtsstaaten zurückschreckt.
Gleichzeitig ist eine legale Zuwanderung nach Europa oder gar in die Bundesrepublik kaum noch möglich. Während die Europäische Union über eine “gerechte” Verteilung von Flüchtlingen verhandelt, sterben Flüchtlinge an ihren Außengrenzen. Besonders Einreiseversuche über gefährliche Meerespassagen enden oft tödlich. Vergangene Woche sind erneut 70 Menschen auf dem Weg von Libyen nach Europa verhungert und verdurstet. Fünf haben die beschwerliche Reise überlebt und Italien erreicht. Gegen sie wird jetzt wegen illegaler Einreise ermittelt. Aufgrund eines kürzlich in Kraft getretenen italienischen Sicherheitsgesetzes drohen ihnen erhebliche Geldstrafen und die sofortige Abschiebung.
Ihre 70 GefährtInnen fanden den Tod, weil vorbeifahrende Schiffe ihnen nicht halfen. Unterlassene Hilfeleistung ist eine Auswirkung der Kriminalisierung nicht nur von Flüchtlingen sondern auch derjenigen, die selbstverständlich humanitäre Hilfe leisten. Aktuell stehen in Italien sieben tunesische Fischer vor Gericht, die vor zwei Jahren 44 Menschen das Leben retteten. Ihnen wird die Unterstützung illegaler Einreise vorgeworfen.
Auch der Fall des Lübecker Kapitäns Stefan Schmidt, der gemeinsam mit dem ehemaligen Geschäftsführer der Hilfsorganisation Cap Anamur Elias Bierdel wegen der Rettung von afrikanischen Flüchtlingen im Jahr 2004 angeklagt ist, ist noch nicht entschieden. Am 7. Oktober wird das Urteil erwartet.
Pro Asyl, der Flüchtlingsrat Schleswig-Holstein, das Lübecker Flüchtlingsforum und zahlreiche weitere Organisationen rufen zur Solidarität mit den Betroffenen auf und zur Beteiligung an der Postkartenaktion Humanitäre Hilfe ist niemals ein Verbrechen!. Es werden auch noch Interessierte für die Teilnahme an einer Delegation zur Urteilsverkündung nach Agrigent in Italien gesucht.
gez. Astrid Willer
Informationen zur Postkartenaktion"Humanitäre Hilfe ist niemals ein Verbrechen!" hier zum <link http: www.frsh.de pdf soliaktion_capanamur_postkarte_15.05.09.pdf>download.
Gedruckte Exemplare der Postkarte können kostenfrei beim Flüchtlingsrat bezogen werden: T. 0431-735000, office@frsh.de