Der Betrieb des verniedlichend als Abschiebungshafteinrichtung (AHE) bezeichneten "wilhelminischen Zuchthauses" (Ex-IMSH Breitner) in Rendsburg wurde zum 3.11.2014 eingestellt.
"Damit hat Schleswig-Holstein ein deutliches Zeichen gegen die Rechtsunkultur des Freiheitsentzuges für Menschen gesetzt, denen außer ihrem Interesse an Schutz und einem Leben in Freiheit nichts vorzuwerfen ist!" erklärte dazu Martin Link, Geschäftsführer beim Flüchtlingsrat in Kiel.
Vorausgegangen waren 2014 Entscheidungen des Bundes- (BGH) und des Europäischen Gerichtshofs (EuGH), die Anordnung von Haft gegen Flüchtlinge drastisch einzuschränken. In der Folge ist die Zahl der Abschiebungshäftlinge auch in Schleswig-Holstein erheblich gesunken. Wie aus dem <link http: www.frsh.de themen abschiebungshaft external-link-new-window externen link in neuem>Jahresbericht 2014 des Landesbeirats zur Abschiebungshaft hervorgeht, gab es i.d.R. keine, zeitweilig nur einen einzigen und - besonders erfreulich - überhaupt keine minderjährigen Inhaftierten in Rendsburg.
Allerdings hat sich das zuständige Kieler Justizministerium vorbehalten, den Betrieb wieder anzufahren, wenn die Bedarfsentwicklung es verlange. Doch gerade solche Bedarfe durch neue Inhaftierungstatbestände zu kreieren, engagiert sich derzeit das Bundesinnenministerium.
Der Gesetzentwurf der Bundesregierung zur <link http: dip21.bundestag.de dip21 btd external-link-new-window externen link in neuem>Neubestimmung des Bleiberechts und der Aufenthaltsbeendigung, der aktuell im Bundestag beraten wird, droht alle landespolitischen Errungenschaften für eine humane und prinzipiell auf Freiheitsentzug verzichtende Flüchtlingspolitik zu gefährden.
Der <link http: www.frsh.de aktuell presseerklaerungen presseerklaerung article mit-knast-gegen-moegliches-bleiberecht external-link-new-window externen link in neuem>Flüchtlingsrat Schleswig-Holstein und Andere kritisieren den Gesetzentwurf entschieden. "Der Gesetzentwurf will offenbar die von den Bundesländern durchgesetzte Bleiberechtsregelung konterkarieren und die berechtigten Schutzbegehren von hierzulande Asyl Erhoffenden regelmäßig mit Freiheitsentziehung ahnden," erklärt Martin Link.
Ihre nicht minder entschiedene Kritik am Gesetzentwurf werden auch Kirchen, Flüchtlings- und Menschenrechtsorganisationen bei der am 23. März anstehenden öffentlichen Sachverständigenanhörung zum Gesetzentwurf im Bundestag vortragen.
Mit dem im Bundesrat nicht zustimmungspflichtigen Gesetzentwurf kommt die Küstenkoalition mit ihrem Versprechen einer dauerhaften Abschaffung der Abschiebungshaft in Bedrängnis. Derzeit verlautet aus dem zuständigen Kieler Innenministerium noch die Lesart, dass hierzulande auch künftig keine unverhältnismäßige Inhaftierung von Flüchtlingen in Justizvollzugsanstalten passieren solle.
Was dazu allerdings an Alternativen angedacht wird, wird in der <link http: www.frsh.de aktuell stellungnahmen stellungnahme article zum-imag-bericht-alternative-abschiebungshaft-und-zum-entwurf-einer-bundesratsinitiative external-link-new-window externen link in neuem>Stellungnahme des Flüchtlingsrates vom 27.5.2014 ebenfalls kritisiert: Im Bericht der schleswig-holsteinischen <link http: www.schleswig-holstein.de im de zuwanderungintegration aktuelles alternativenabschiebungshaft bericht__blob="publicationFile.pdf" external-link-new-window externen link in neuem>Interministeriellen Arbeitsgruppe (IMAG) "Alternative Abschiebungshaft" wird u.a. vorgeschlagen, anstatt der Abschiebungshaft bisherigen Stils das schon einmal gescheiterte Modell – ohne es so zu bezeichnen – eines 'Ausreisezentrums' zu reanimieren.
Der Flüchtlingsrat Schleswig-Holstein lehnt das Konzept des sogenannten 'Ausreisezentrums' ebenso wie das von „Menschenverachtung und Zynismus“ (Landesbeirat Abschiebungshaft) gekennzeichnete System der Abschiebungshaft alternativlos ab.
Flucht ist kein Verbrechen.
Flüchtlinge müssen unterstützt werden – anstatt sie unter Druck zu setzen, zu überwachen oder einzusperren!
gez. Martin Link