Die Entscheidung ist mit Blick auf die Verfolgung von Sinti und Roma im Nationalsozialismus geschichtsbewusst und im 67. Jahr nach Ende des “Tausendjährigen Reiches” längst überfällig.
Der Flüchtlingsrat macht indes darauf aufmerksam, dass das Schutzversprechen der Verfassung nur für Roma und Sinti mit deutscher Staatsangehörigkeit gilt. Andere Mitglieder dieser Minderheit - Flüchtlinge, die gewalttätigen Pogromen in Ungarn oder anderen EU-Mitgliedsländern entkommen sind, oder Asylsuchende Roma aus Serbien, Mazedonien und dem Kosovo - bleiben verfassungsschutzlos und werden regelmäßig in die Überlebensnot abgeschoben.
“Den einen den Schutz unserer Verfassung zuzusprechen und die anderen regelmäßig der Verfolgung und Diskriminierung in ihren Herkunftsländern anheim zu stellen, ist ein rechtspolitischer Widerspruch, der auch öffentlich nicht zu vermitteln ist.” beklagt Martin Link, Geschäftsführer im Flüchtlingsrat Schleswig-Holstein.
In Serbien werden ganze Siedlungen der Roma-Bevölkerung planiert und die Bevölkerung vertrieben. Auch in Mazedonien herrscht ein willkürlicher Diskriminierungsalltag, der Roma aus der Arbeitswelt und aus Bildungsinstitutionen ausgrenzt und ihnen soziale und Gesundheitsversorgung vorenthält. Im Kosovo gehören Romafamilien zu den Minderheiten, die staatlich geduldet immer wieder Opfer rassistischer Gewalt werden und sich vom Müllsammeln ernähren müssen.
Wenn es ihnen glückt, nach Deutschland zu entkommen, werden diese Menschen hier pauschal als Asylbetrüger und Wirtschaftsmigranten verunglimpft.
Der Flüchtlingsrat fordert einen sofortigen Abschiebestopp, ein Bleiberecht und Integrationsförderung für Roma aus den Herkunftsstaaten des ehemaligen Jugoslawien.
“Menschenwürde ist unteilbar!” sagt Martin Link. “Wer mit Blick auf historische Verfolgung den Schutzanspruch deutscher Roma und Sinti anerkennt, darf die Augen vor aktuellen Schutzbedarfen Betroffener derselben ethnischen Minderheit nicht verschließen.”
gez. Martin Link
Hintergrundinformation: <link file:1146 download herunterladen der datei>Stellungnahme des FRSH zur Landtagsdebatte um Änderung der Landesverfassung am 01.09.2010