Gewalt gegen Frauen kennt keine Grenzen. Sie ist universell. Gewalt beherrscht das Leben von Frauen in Afrika, Amerika, Asien oder dem Nahen Osten. Doch auch hier, im Herzen des demokratischen Europa, werden Frauen regelmäßig Opfer von Gewalt und Misshandlungen. Für manche mag es Unterschiede geben, aber aus Sicht einer betroffenen Frau ist Gewalt immer die gleiche und die Täter haben überall dasselbe Gesicht. Egal ob sie in Deutschland oder sonst wo aufgewachsen ist.
Hierher vor Krieg, Versklavung und Misshandlung geflüchtete Frauen treffen indes allzu oft auf kulturelle Ignoranz, fehlende Sensibilität und Praktiken im institutionellen und persönlichen Umgang, die Traumatisierungen eher befördern als lindern.
Geflohene Frauen sind von mehrfacher Diskriminierung betroffen. Sie fliehen, weil sie in ihren Heimatländern keine Unterstützung bekommen. Sie fliehen vor (ihren) Männern, Brüdern, den herrschenden gesellschaftlichen Standards, vor Politik und Kultur.
Zu der im Heimatland erfahrenen Gewalt kommen – nicht zuletzt weil Europa sichere Fluchtwege dicht macht – traumatisierende Erlebnisse während der Flucht – insbesondere sexuelle Ausbeutung, körperliche Gewalt oder Misshandlungen. Laut Bericht des Kinderhilfswerks der Vereinten Nationen (UNICEF) vom Februar 2017, werden allein auf der Fluchtroute aus der Subsahara über Libyen nach Europa fast die Hälfte aller Frauen Opfer von sexualisierter Gewalt oder sexuellem Missbrauch. Die Dunkelziffer ist wohl noch deutlich höher einzuschätzen.
In Deutschland angekommen, landen sie manchenorts in überwiegend mit Männern belegten Erstaufnahmeeinrichtungen oder Unterkünften. Dort ist für sie keine Privatsphäre vorgesehen, kaum geschützte Räume vorhanden. Betroffene berichten, dass sie sich wochenlang nicht unter die Dusche trauen, weil es keine getrennten Bereiche gibt oder Männer diese und auch die Rechte auf weibliche Unversehrtheit nicht respektieren. So sorgt die Wohnverpflichtung in Gemeinschaftsunterkünften mittelbar dafür, dass auf das Trauma der Flucht die Retraumatisierung durch fortgesetzte Männergewalt folgt.
Betroffene und Unterstützerinnen fordern: Dolmetscherinnen, geschützte Räume nach der Ankunft, Unterkünfte nur für geflüchtete Frauen, zielgruppenspezifisch geschulte Betreuerinnen, Unterstützung bei der Wohnungssuche, niedrigschwellige Angebote von Frauen für Frauen, Sprachkurse für Frauen und nicht zuletzt Antigewalttrainings für Männer.
Vergewaltigung und häusliche Gewalt muss tatsächlich als Asylgrund anerkannt werden. Zwar ist dies mit dem Zuwanderungsgesetz 2005 formal gegeben, aber die Asylentscheidungspraxis sieht anderes aus: Nur ein sehr geringer Teil der Asylantragstellerinnen, erhält darüber einen Flüchtlingsstatus. Frauen wird unterstellt sie hätten sich die Erlebnisse nur ausgedacht. Es werden Beweise für Vergewaltigung, Misshandlung oder Missbrauch verlangt!
Wie gesagt: Ein Gedenktag zur Beseitigung von Gewalt gegen Frauen reicht nicht aus.
Gez. Farzaneh Vagdy-Voß