Kritik zu den BMI-Anwendungshinweisen v. 12.8.2021 aus fachanwaltlicher Sicht:
Dass der blaue Pass die Identität nicht belegt, ist richtig. Aber das Absehen im Ermessen faktisch auszuschließen (§ 5 Abs. 3 AufenthG), indem regelmäßig negative Ermessensausübung nahegelegt wird, deckt sich wohl kaum mit BVerwG, Urteil v. 30.3.2010, 1 C 6/09, wo in Rn. 30 ausdrücklich entschieden wurde, dass ein Absehen von den Allgemeinen Erteilungsvoraussetzungen auch bei der Erteilung der Niederlassungserlaubnis nach § 26 Abs. 4 AufenthG im freien Ermessen möglich ist - und dass diese Ermessensausübung nicht erfordert, dass ein Ausnahmefall vorliegt.
Das BVerwG formulierte damals mit Blick auf die Passpflicht, die ja nahe an der ID-Klärung liegt, ausdrücklich: "Die Möglichkeit, nach Ermessen von der Erfüllung der Passpflicht abzusehen, dient dazu, im Einzelfall der betsonderen Situation von Ausländern gerecht zu werden, deren Aufenthalt auf humanitären, völkerrechtlichen oer politischen Gründen beruht und die deshalb unter Umständen mehr Schwierigkeiten bei der Passbeschaffung haben als sonstige Ausländer. Dieser Grundgedanke trifft auch für die Fälle der Erteilung einer Niederlassungserlaubnis nach § 26 Abs. 4 AufenthG zu."
Die vom BMI intendierte Regelversagung ist daher fragwürdig.
Download:BMI Anwendungshinweise v. 12.8.2021