Anlässlich des Kamingesprächs, das Bundesinnenministerin Nancy Faeser am Freitag mit ihren Kolleg*innen aus den Ländern führen wird, appelliert der Flüchtlingsrat Schleswig-Holstein an die Bundesregierung, die Bleiberechtsregeln aus dem Ampel-Koalitionsvertrag zügig umzusetzen. Auch Vorgriffsregelungen des Landes seien möglich und nötig, damit vor der Zeit nicht diejenigen abgeschoben werden, die nach den Ankündigungen der Ampel eigentlich künftig bleiben dürften.
Die Bundesregierung hat sich im <link file:6797>Koalitionsvertrag darauf geeinigt, bestimmten Gruppen wie etwa gut integrierten Jugendlichen und langjährig Geduldeten bessere Chancen auf ein dauerhaftes Bleiberecht einzuräumen. In diesem Zusammenhang soll es z.B. für Menschen, die seit dem 1. Januar 2022 seit fünf Jahren in Deutschland leben, unter niedrigschwelligen Voraussetzungen ein Aufenthaltsrecht auf Probe geben.
Der Flüchtlingsrat begrüßt diese Pläne, fordert aber die zügige Vorlage geeigneter Gesetzentwürfe und darauf abstellender sogenannter Vorgriffsregelungen auf Landesebene. „Dass Geflüchtete zum jetzigen Zeitpunkt noch abgeschoben werden oder ihnen die Abschiebung droht, obwohl sie von den vom Bund angekündigten Verbesserung bei der Aufenthaltsverfestigung profitieren könnten, darf nicht sein“, erklärt Martin Link, Geschäftsführer beim Flüchtlingsrat in Kiel.
Vorweg qua Abschiebung amtliche Fakten zu schaffen, nähme beim Asyl glücklosen Betroffenen nicht nur die ihnen von der Ampel zugedachte Chance auf die Verfestigung ihres Aufenthalts. Gleichzeitig würde ein solches auf Aufenthaltsbeendigung fixiertes Verwaltungshandeln auch allen arbeitsmarktlichen Bedarfslagen und den vom Bund angekündigten integrationspolitischen Paradigmenwechseln zuwiderlaufen.
Dass es auch anders geht, macht die Landesregierung dieser Tage einmal mehr deutlich. Am gestrigen <link artikel schleswig-holstein-nimmt-alle-an-bord>26. Januar erst verlautbarte das Wirtschafts- und Arbeitsministerium Schleswig-Holstein, nicht zuletzt mit Blick auf Erwartungen aus der Wirtschaft, in den kommenden Jahren mit dem Netzwerk Alle an Bord! die nachhaltige Integration von Geflüchteten in die Arbeitswelt großzügig weiter zu fördern.
Der Flüchtlingsrat hat sich unlängst mit einem Appell zur zügigen Schaffung zielführender Rechtslagen und vorläufiger Vorgriffsregelungen sowohl an Bundesinnenministerin Nancy Faeser sowie an Landesinnenministerin Sabine Sütterlin-Waack gewandt.
„Dringend geboten ist, dass das Kieler Innenministerium die Ausländerbehörden anweist, allen potentiell von den angekündigten Bleiberechtsregelung Profitierenden, Ermessensduldungen nach § 60a Abs. 2 Satz 3 AufenthG zu erteilen“, erklärt Martin Link. Neu sei diese fachaufsichtliche Vorgehensweise indes nicht: <link file:5739>Schleswig-Holstein habe beispielsweise schon 2019 eine entsprechende Regelung im Vorfeld der Einführung der Beschäftigungsduldung umgesetzt.
Als ansatzweise geeignete Brückenmaßnahme begrüßt der Flüchtlingsrat den an die Ausländerverwaltungen adressierten <link artikel miligsh-hinweise-zum-angekuendigten-chancen-aufenthaltsrecht>Hinweis des Landesinnenministeriums vom 24. Januar, mit Blick auf die erwartete Bleiberechtsregelung des Bundes bestünden keine fachaufsichtlichen Einwände dagegen, dass zunächst ausländeramtliche „Bemühungen hinsichtlich der Aufenthaltsbeendigung von absehbar unter die angekündigte Regelung fallenden Ausländerinnen und Ausländern“ hintangestellt würden.
Das Treffen Nancy Faesers mit den Innenministerien der Länder am Freitag, den 28. Januar, ist aus Sicht des Flüchtlingsrats eine gute Gelegenheit, zwischen Bund und Ländern großzügige Gesetzentwürfe und ebenso qualifizierte Vorgriffserlasse zu verabreden.
„Nicht nur die Zukunft vieler Betroffener, die hoffen, sich hierzulande dauerhaft ein gutes Leben ohne Angst aufbauen zu dürfen, hängt von solchen Regelungen ab“, mahnt Martin Link und weist darauf hin, dass „auch alle anderen Menschen, die sich für ihre diverse Heimat Schleswig-Holstein eine Politik wünschen, die regelmäßig auf die Abschiebung von schutzbedürftigen Menschen verzichtet, vom Kamingespräch der Innenminister*innen am Freitag zielführende Beschlüsse erwarten“.
Hintergrund zu den im Koalitionsvertrag beschlossenen Neuerungen zum Bleiberecht
Insgesamt leben etwa <link https: www1.wdr.de mediathek audio wdr5 wdr5-politikum-wiedervorlage audio-chancen-fuer-geduldete-100.html>240.000 Menschen mit Duldung in Deutschland, über 10.000 in Schleswig-Holstein. Bundesweit rund 4.500 von ihnen haben eine Beschäftigungsduldung und knapp 9.000 Geflüchtete eine Ausbildungsduldung.
Gut integrierte Jugendliche sollen laut <link file:6797>Ampel-Koalitionsvertrag nach <link https: www.gesetze-im-internet.de aufenthg_2004 __25a.html>§ 25a AufenthG künftig bereits nach drei anstatt wie bislang erst nach vier Jahren geduldeten Aufenthalts in Deutschland ein Bleiberecht erhalten können und den diesbezüglichen Antrag bis zum Abschluss des 27. anstatt wie bisher nur bis zum Abschluss des 21. Lebensjahres stellen können.
Darüber hinaus sollen besondere Integrationsleistungen Geduldeter im Rahmen des <link https: www.gesetze-im-internet.de aufenthg_2004 __25b.html>§ 25b AufenthG dadurch gewürdigt werden, dass diesen in Zukunft bereits nach sechs anstatt wie aktuell noch nach acht Jahren ein Bleiberecht zu Teil werden soll. Personen mit minderjährigen ledigen Kindern sollen das Bleiberecht nach dieser Vorschrift künftig schon nach vier statt wie bisher erst nach sechs Jahren erwerben können.
Das neu zu schaffende Chancen-Aufenthaltsrecht auf Probe soll für die Dauer eines Jahres gelten und Menschen, die nicht straffällig geworden sind und sich zur freiheitlich-demokratischen Grundordnung bekennen, die Möglichkeit verschaffen, während dieser Zeit die Voraussetzungen für eine der oben genannten Bleiberechtsregelungen zu erfüllen wie beispielsweise die Identitätsklärung oder Lebensunterhaltssicherung.
gez. Martin Link, T. 0431-5568 5640, <link>ml@frsh.de, <link http: www.frsh.de>www.frsh.de