Der Flüchtlingsrat Schleswig-Holstein und zahlreiche weitere Flüchtlings- und Menschenrechtsorganisationen fordern von den Innenminister*innen aus Bund und Ländern die zügige Umsetzung der im Ampel-Koalitionsvertrag angekündigten Bleiberechtsregelungen für Geduldete, eine großzügige Aufnahme gefährdeter Personen aus Afghanistan und die Gleichbehandlung aller aus der Ukraine geflüchteten Menschen.
Am 17. und 18. Mai 2022 findet die Vorkonferenz der Staatssekretäre und Staatssekretärinnen statt, bei der auch die Tagesordnung für die Innenminister*innenkonferenz am 2. und 3. Juni 2022 besprochen wird. Wir fordern von den Staatssekretär*innen: Es darf keine Geflüchtete erster und zweiter Klasse geben. Drei Punkte sind uns hierbei besonders wichtig:
Bleiberecht Jetzt: Schluss mit dem Angstzustand Duldung und Umsetzung der im Koalitionsvertrag vereinbarten Bleiberechtsregelungen!
242.000 geflüchtete Menschen – in Schleswig-Holstein über 10.000 – leben in Deutschland mit der unsicheren Aufenthaltssituation der Duldung, der Großteil von ihnen schon seit vielen Jahren. Die meisten sind aus dem Irak, Afghanistan, Nigeria, dem Iran oder aus russischen Teilrepubliken wie Tschetschenien geflohen. Ihr Alltag ist geprägt
von Perspektivlosigkeit, Angst vor einer Abschiebung und der Einschränkung sozialer Rechte. Auch zehntausende Kinder und Jugendliche sind davon betroffen.
Die Bundesregierung muss geduldeten Kindern, Jugendlichen und Erwachsenen endlich Perspektiven eröffnen!
Wir fordern von der IMK einen allgemeinen Abschiebungsstopp, damit sichergestellt ist, dass Menschen nicht noch schnell abgeschoben werden, bevor das neue Bleiberecht im Bundestag beschlossen wird. Die im Koalitionsvertrag vereinbarten Bleiberechtsregelungen müssen großzügig und zeitnah umgesetzt werden. Die „Duldung light“ sowie Ausbildungs- und Arbeitsverbote gehören abgeschafft.
Dont Forget Afghanistan: Die Menschen in Afghanistan nicht im Stich lassen!
Ein halbes Jahr nach Machtübernahme der Taliban in Afghanistan sind dort immer mehr Menschen in Lebensgefahr. Die Bundesregierung will nicht zu ihrem Versprechen stehen, bedrohte Menschen in Afghanistan nicht im Stich zu lassen. Sogar Personen, die für deutsche Entwicklungsorganisationen, Subunternehmen oder die Bundeswehr gearbeitet haben und deswegen von den Taliban al Kollaborateure verfolgt werden, haben i.d.R. keine Chance auf Aufnahme in Deutschland.
Jeden Tag werden schwere Menschenrechtsverletzungen in Afghanistan begangen. Vor allem Aktivist*innen für Frauen- und Menschenrechte, Journalist*innen, aber auch Angehörige ethnischer und religiöser Minderheiten, LGTBI+ und Mitarbeiter*innen der früheren Regierung sowie Menschen, die in der Vergangenheit für westliche Organisationen gearbeitet haben, erfahren Gewalt durch die Taliban. Die Rechte von Frauen und Mädchen werden kontinuierlich eingeschränkt. Immer mehr Mädchen werden zwangsverheiratet, statt Bildung zu erhalten.
- Wir fordern eine unverzügliche, schnelle und sichere Aufnahme aus Afghanistan! Das Versagen der deutschen Behörden bei der Evakuierung gefährdeter Personen darf nicht ohne Konsequenzen bleiben.
- Es müssen sofort Landes- sowie Bundesaufnahmeprogramme geschaffen werden. Besonders gefährdete Personen müssen unabhängig von solchen Programmen aufgenommen werden. Auch das Ortskräfteverfahren muss reformiert und beschleunigt werden und alle gefährdeten Familienmitglieder bei der Aufnahme berücksichtigt werden. Aus Deutschland abgeschobene Afghan*innen gelten als verwestlicht und sind damit durch die Taliban bedroht. Sie müssen zurückkommen dürfen.
- Wie im Koalitionsvertrag versprochen muss zudem der Familiennachzug endlich erleichtert werden. Abläufe müssen vereinfacht und beschleunigt werden, damit geflüchtete Afghan*innen in Deutschland ihre Familien in Sicherheit bringen können. Alle Menschen, die bereits aus Afghanistan nach Deutschland fliehen konnten, müssen umgehend einen sicheren Aufenthaltsstatus erhalten.
Gleichbehandlung aller Geflüchteter aus der Ukraine
Während geflüchtete Ukrainer*innen einen schnellen und unbürokratischen Zugang zu Aufenthaltstitel, Arbeitserlaubnis und Sozialleistungen in Deutschland erhalten, sollen viele sogenannte Drittstaater*innen oder Staatenlose, die derselbe Krieg hierher in die Flucht geschlagen hat, von dem Recht auf temporären Schutz als Kriegsvertriebene ausgeschlossen warden. Dabei handelt es sich um Menschen ohne ukrainische Staatsbürgerschaft, die in der Ukraine schon immer oder jahrelang gelebt, dort studiert und gearbeitet haben.
- Wir fordern die Gleichbehandlung aller aus der Ukraine geflohenen Menschen und eine 2jährige Aufenthalts- und Arbeitserlaubnis sowie Zugang zu Sozialleistungen auch für sogenannte Drittstaater*innen und für Staatenlose aus der Ukraine.
Pressekontakte:
- Jugendliche ohne Grenzen: Jibran Khalil, Email: presse(at)jogspace.net, Tel. 0176 2452 9228
- Flüchtlingsrat Berlin: Samiullah Hadizada und Nora Brezger, Email: hadizada@fluechtlingsrat- berlin.de und brezger(at)fluechtlingsrat-berlin.de, Tel. 0176 7720 9320
- Flüchtlingsrat Schleswig-Holstein, Martin Link, public(at)frsh.de, T. 0431-55685640