Am heutigen Dienstag hat das Kabinett einen zunächst dreimonatigen Abschiebungsstopp nach Afghanistan beschlossen.
„Die Landesregierung zeigt damit flüchtlingspolitische Verantwortung und positioniert sich für diese besonders dieser Tage gern parteipolitischen Kalkülen geopferten Gruppe Schutzsuchender“, meint Martin Link vom Flüchtlingsrat Schleswig-Holstein e. V.
Grundlage der Kabinettsentscheidung sind offenbar der <link http: www.frsh.de fileadmin pdf aktuelles unhcr_afghanistan_20161222.pdf external-link-new-window external link in new>Bericht des Flüchtlingshochkommissariats der Vereinten Nationen (UNHCR) zur Situation in Afghanistan vom 22. Dezember 2016typo3/ und der am 6. Februar veröffentlichte <link https: unama.unmissions.org un-calls-parties-take-urgent-measures-halt-civilian-casualties-numbers-2016-reach-record-high external-link-new-window external link in new>UNAMA-Jahresbericht 2016. Die Vereinten Nationen zeichnen in beiden Berichten ein desaströses Bild der humanitären Situation in Afghanistan. Die Sicherheitslage am Hindukusch habe sich nochmals dramatisch verschlechtert. Insbesondere eine pauschale Einschätzung bestimmter Regionen Afghanistans als „sichere und zumutbare interne Schutzalternative“ sei „nicht möglich“. Insgesamt sind laut UN-Berichten im vergangenen Jahr 11.418 Unbeteiligte getötet oder verletzt worden – drei Prozent mehr als 2015. Die Zahl der Verletzten sei um sechs Prozent auf 7.920 Menschen gestiegen. 3.498 seien getötet worden, jede*r dritte Tote sei ein Kind.
Der UNHCR äußerte zudem ernste Bedenken an der im Jahr 2016 gegenüber dem Vorjahr gesunkenen Schutzquote für Afghan*innen in Deutschland, die in auffälligem Kontrast zur Lage am Hindukusch steht.
Kritiker des Abschiebungsstopps tragen derzeit vor allem Bedenken an seiner Rechtmäßigkeit vor. „Diese Kritik ist aber völlig unberechtigt“, erklärt Link und stellt fest: „Auf Grundlage des UNHCR-Berichts und anderer Erkenntnisquellen ist eine Aussetzung von Abschiebungen nach Afghanistan humanitär angemessen und rechtlich sogar zwingend. Die Landesregierung erfüllt mit dem Beschluss nicht weniger als ihre Pflicht.“
Mit Blick auf die bedauernswerte Zustimmung Schleswig-Holsteins zum <link http: frsh.de fileadmin pdf presseerklaerungen external-link-new-window external link in new>Abschiebepaket von Bund und Ländern vom 9. Februar würdigt der Flüchtlingsrat dennoch die immerhin zu Abschiebungen nach Afghanistan bestehende klare Linie der Landesregierung: „Während Bundesinnenminister de Maizière wider besseres Wissen weiter auf Abschiebungen nach Afghanistan besteht, nimmt die Landesregierung gemeinsam mit weiteren Bundesländern die Expertise des Hohen Kommissars ernst“, so Martin Link. Die Hoffnung des Flüchtlingsrats Schleswig-Holstein und vieler anderer Organisationen auf einen bundesweiten Abschiebungsstopp blieb indes unerfüllt.
Am 11. Februar fanden bundesweit Demonstrationen und in Schleswig-Holstein an zahlreichen Orten öffentliche Aktionen gegen Abschiebungen nach Afghanistan statt.
Mehr Informationen zur Lage in Afghanistan:
<link artikel updated-abschiebungen-nach-afghanistan>
www.frsh.de/artikel/updated-abschiebungen-nach-afghanistan/
Pressekontakt: Dr. Jasmin Azazmah, Flüchtlingsrat SH, T. 0431 55 68 53 60, <link>public@frsh.de.