I. Zu dem Erlass des MILISH vom 15.1.2019 erklärt der Landesbeauftragte für Flüchtlings-, Asyl- und Zuwanderungsfragen am 18.1.2019:
"Durch den aktuellen Erlass wird der <link https: www.frsh.de artikel erlass-leistungsgewaehrung-waehrend-einer-berufsausbildung external-link-new-window external link in new>Erlass des MILI vom 10. Mai 2017 entsprechend konkretisiert und damit eine Landeslinie für den Zugang zur Sicherung des Lebensunterhalts über die Asylbewerberleistung während einer Ausbildung vorgegeben, in vielen Fällen gab es hier in den der letzten Monate Unsicherheit.
Es ist begrüßenswert, dass das Ministerium damit nun vorgibt, wie Ausbildungsabbrüchen aufgrund fehlender Sicherung des Lebensunterhalts entgegengewirkt werden kann.
Zugang zu lebensunterhaltssichernden Leistungen (AsylblG) während einer Ausbildung ab dem 16. Monat Aufenthalt in Deutschland:
Ø Das Ministerium betont, dass die vorrangigen Leistungen wie Berufsausbildungsbeihilfe, Ausbildungsgeld oder BAföG (SGB III) zu beantragen sind.
Ø Asylbewerber*innen soll auch ab dem 16. Monat Aufenthalt (§ 2 AsylblG > Analogleistung SGB XII) durch die Anwendung der Härtefallregelung lebensunterhaltssichernde Leistungen während einer Ausbildung ermöglicht werden, wenn die Ausbildungsvergütung diese allein nicht gewährleistet. Hierzu gibt das Ministerium Rechtsanwendungshinweise. Eine Schlechterstellung zu jenen Personen im Asylbewerberleistungsbezug, die weniger als 16 Monate in Deutschland sind würde damit vermieden werden.
Ø Personen mit Duldung soll demnach auch ab dem 16. Monat Aufenthalt (§ 2 AsylblG > Analogleistung SGB XII) durch die Anwendung der Härtefallregelung lebensunterhaltssichernde Leistungen während einer Ausbildung gewährt werden, wenn die Ausbildungsvergütung diese allein nicht gewährleistet und die Person eine Ausbildungsduldung nach § 60a Abs.2 Satz 3 oder 4 AufenthG (Ermessen oder Anspruchsduldung) besitzt.
Unklar formuliert ist aus unserer Sicht der Ausschluss von Personen aus sicheren Herkunftsstaaten. Personen aus sicheren Herkunftsstaaten, die nach dem 31.8.2015 den Asylantrag gestellt haben sind laut § 60a Absatz 6 Satz 3 AufenthG bereits von der Ausbildungsduldung ausgeschlossen und müssen nicht explizit genannt werden. An dieser Stelle wäre wünschenswert klarzustellen, dass damit nicht jene Personen gemeint sind, die sich in einem qualifizierten Ausbildungsverhältnis befinden, also einen Arbeitsmarktzugang besitzen. Aus unserer Sicht ist der Hinweis auf Personen aus sicheren Herkunftsländern an diesen zwei Stellen (S.3) überflüssig und missverständlich.
ØGrundsichernde Leistungen nach dem AsylbLG können auch als ergänzende Leistung gewährt werden, wenn die auszubildende Person Leistungen über das SGB III (außer § 8 Abs. 2a BAföG- Ausbildungsförderung für geduldete Ausländer*innen) erhält, diese aber das Existenzminimum in Höhe des Leistungsanspruchs nach § 2 AsylbLG nicht sicherstellt. Von dem Ausschluss sind ggf Gebühren für die Unterbringung in einer Gemeinschaftsunterkunft nicht betroffen!)"
II. Neue Gerichtsbeschlüsse bejahen die Möglichkeit der Gewährung von Ausbildungsbeihilfe nach SGB III (in diesem Falle Berufsausbildungsbeihilfe) durch die Agenturen für Arbeit für Geflüchtete mit Aufenthaltsgestattung aufgrund individueller Aufenthaltsperspektive
Nach aktueller Gesetzeslage haben Geduldete nach 15 Monaten Aufenthalt die Möglichkeit BAB zu erhalten, wenn sie in einer betrieblichen Ausbildung sind. (§ 59 SGBIII). Die Beihilfe wird in der Regel auf Antrag gewährt, wenn die entsprechenden weiteren Voraussetzungen (u. a. getrennt von Eltern lebend und nicht in einer Unterkunft, Ausbildungsvergütung nicht ausreichend zur Sicherung des Lebensunterhaltes etc.) gegeben sind.
Laut § 132 SGB III können „Ausländerinnen und Ausländer, bei denen ein rechtmäßiger und dauerhafter Aufenthalt zu erwarten ist“ ebenfalls bei Vorliegen der weiteren individuellen Voraussetzungen BAB erhalten. Das erfasst auch Geflüchtete mit Gestattung. Die Bundesagentur für Arbeit sieht die Erwartbarkeit eines rechtmäßigen und dauerhaften Aufenthalts allerdings nur bei den Geflüchteten mit Aufenthaltsgestattung, die aus den zurzeit 5 Herkunftsländern mit einer Anerkennungsquote beim BAMF von über 50 % (Irak, Iran, Syrien Eritrea, Somalia) kommen. Diese Auslegung wurde zur bindenden Weisung in den Regionaldirektionen und einzelnen Agenturen, so dass BAB für Gestattete z. B. aus Afghanistan oder Armenien regelmäßig abgelehnt wird.
Mehrere Gerichtsurteile verweisen aber mittlerweile auf die Notwendigkeit, nicht nur auf eine pauschal angenommene Bleibeperspektive aufgrund des Herkunftslandes abzustellen, sondern auch zu prüfen, inwieweit individuell nachgewiesen werden kann, dass ein rechtmäßiger und dauerhafter Aufenthalt zu erwarten ist, z. B. durch die Option eine Ausbildungsduldung und ggf. im Anschluss eine Aufenthaltserlaubnis zur Beschäftigung zu erhalten.
Diese Auffassung vertritt im Falle eines Afghanen auch das Sozialgericht Lübeck und wurde durch das Landessozialgericht Schleswig-Holstein im Eilverfahren bestätigt und ausführlich begründet.
- Beschluss des Landessozialgerichts Schleswig-Holstein vom 19.12.2018, <link https: www.alleanbord-sh.de fileadmin alle_an_bord lsg_sh_l_3_al_193_18_b_er_20181219.pdf _blank>PDF-Download
- Urteil Sozialgericht Lübeck, Oktober 2018, <link https: www.alleanbord-sh.de fileadmin alle_an_bord sg_luebeck_urteil_bab_okt2018.pdf _blank>PDF-Download
Weitere entsprechende Urteile in anderen Bundesländern:
- <link https: ggua.de fileadmin downloads ausbildungsfoerderung sg_leipzig_s_1_al_232-18_er_jure180019233.pdf _blank>ggua.de/fileadmin/downloads/ausbildungsfoerderung/SG_Leipzig_S_1_AL_232-18_ER_JURE180019233.pdf