Die Aufnahmezusage von bis zu 400 Minderjährigen und ihrer Angehörigen aus den griechischen Elendslagern nach Deutschland – so begrüßenswert sie im Einzelfall ist – ist nichts mehr als ein Tropfen auf dem heißen Stein. Die Kapazitäten der EU-Hotspots sind um ein Vielfaches überschritten (31.891 Schutzsuchende bei einer Kapazität von 6.095 Plätzen, Stand 05.06.2020), es gibt weder ausreichende sanitäre Anlagen noch eine funktionierende Gesundheitsversorgung.
Unter den Schutzsuchenden auf den griechischen Inseln befinden sich etliche Menschen mit familiären Beziehungen in Deutschland. Ihre Aufnahme ist kein humanitärer Gnadenakt, sondern eine rechtliche Verpflichtung, der Deutschland und weitere EU-Staaten nachkommen müssen. Zusätzlich bietet die Dublin-III-Verordnung die Möglichkeit, die Aufnahme Schutzsuchender aus humanitären Gründen zu veranlassen. Diese muss auch weiterhin in Griechenland, sowie im zentralen Mittelmeer zur Aufnahme von Bootsflüchtlingen genutzt werden.
Seit zwei Jahren gibt es in Deutschland breit vorgetragene Forderungen um die Aufnahme von Schutzsuchenden. Demonstrationen, zivilgesellschaftliche Initiativen und Regierungsmitglieder verschiedener Bundesländer haben die Aufnahmebereitschaft bestätigt.
Weltweit gibt es laut dem UN-Flüchtlingshilfswerk 1,44 Millionen besonders schutzbedürftige Flüchtlinge, die dringend einen Aufnahmestaat brauchen. Hierzu zählen u.a. Überlebende von Folter, kranke Menschen, Kinder, die alleine auf der Flucht sind und alleinstehende Frauen. Doch die zur Verfügung stehenden Aufnahmeplätze im Rahmen des UN-Resettlement-Programms sind viel zu gering. Generell gibt es kaum sichere und legale Zugangswege nach Deutschland und Europa. Anstatt per Flugzeug einreisen zu können, müssen Schutzbedürftige den lebensgefährlichen Weg über das Mittelmeer antreten oder andere Fluchtrouten nehmen. Nach offiziellen Zahlen sind im vergangenen Jahr auf dem Mittelmeer mindestens 1.885 Menschen gestorben und innerhalb Europas kamen weitere 148 Personen ums Leben. Noch mehr Menschen verlieren ihr Leben auf dem Weg durch die Sahara.
Dieses Sterben muss ein Ende haben. Ein Mittel hierfür sind sichere und legale Zugangswege. Die Flüchtlingsorganisationen begrüßt deshalb, dass es in Berlin, Brandenburg, Thüringen, Hamburg und <link artikel syrien-angehoerigen-aufnahme-10-verlaengerung>Schleswig-Holstein aktuell noch Landesaufnahmeprogramme für Syrer*innen gibt. Erst kürzlich hatte der <link artikel syrianotsafe-fluechtlingsorganisationen-fordern-unbefristeten-abschiebungsstopp-fuer-den-folterstaat-syrien>Flüchtlingsrat SH an Innenministerin Sütterlin-Waack appelliert, das Programm zu verlängern.
Am Im Rahmen des UN-Resettlement-Programms hat Deutschland zugesagt, 5.500 Personen aus Ägypten, Jordanien, Kenia, Libanon, Niger und der Türkei aufzunehmen. Gerade die Aufnahmen aus der Türkei im Rahmen des EU-Türkei-Deals zeigen deutlich, was humanitäre Aufnahmeprogramme nicht sein dürfen: Legitimation für Grenzschließungen und für die Verweigerung des Zugangs zum individuellen Recht auf Asyl in Europa. Stattdessen müssen sich die Aufnahmezusagen Deutschlands am durch den UNHCR ermittelten Bedarf orientieren.
PRO ASYL, Jugendliche ohne Grenzen (JoG),Bundesfachverband unbegleitete minderjährige Flüchtlinge (BumF) und Landesflüchtlingsräte fordern die Aufnahme einer signifikanten Anzahl von geflüchteten Menschen aus dem außereuropäischen Ausland und aus europäischen Flüchtlingslagern nach Deutschland:
- Die Bundesländer sollten entsprechende Landesaufnahmeprogramme gemäß § 23 Abs. 1 AufenthG einrichten. Bezüglich einer Aufnahme aus Griechenland sollten hierfür insbesondere auch Personen mit familiären Beziehungen nach Deutschland berücksichtigt werden.
- Die Bundesregierung sollte aktuell Familienzusammenführungen im Rahmen der Dublin-III-Verordnung ermöglichen und diese im Falle einer Verfristung aufgrund des hohen Stellenwerts der Familie und des Kindeswohls trotzdem umsetzen. Dies gilt auch für Familienzusammenführung aus Drittstaaten.
- Darüber hinaus sollte die Bundesregierung aus humanitären Gründen über Art. 17 Abs. 2 Dublin-III-Verordnung auch weitere Schutzsuchende aus Griechenland und Bootsflüchtlinge aus Mittelmeerstaaten aufnehmen.
- Die Bundesregierung sollte die humanitären Aufnahmeprogramme und Resettlement-Plätze ausbauen.
gez. Martin Link, Flüchtlingsrat SH e.V., T. 0431-735 000, <link>ml@frsh.de, www.frsh.de
Die vollständigen Anliegen von PRO ASYL zur Innenministerkonferenz vom 17.-19. Juni 2020 finden Sie <link http: proasyl.gu-marketingsuite.com _blank>hier. Für Presseanfragen an PRO ASYL wenden Sie sich bitte an: <link>presse@proasyl.de
Geflüchtete Jugendliche der Initiative »Jugendliche ohne Grenzen« veranstalten anlässlich der Innenministerkonferenz ein Protest- und Kulturprogramm, das von zahlreichen Organisationen unterstützt wird. Mehr Informationen finden sich unter: <link http: proasyl.gu-marketingsuite.com _blank>www.jogspace.net. Für Presseanfragen an Jugendliche ohne Grenzen, wenden Sie sich bitte an: <link>presse@jogspace.net
Für Presseanfragen an den Flüchtlingsrat Thüringen, wenden Sie sich bitte an: Ellen Könneker und Martin Arnold, <link _blank>presse@fluechtlingsrat-thr.de, Tel: 0176/ 56 94 13 31. Informationen und Aktionen zur IMK 2020 in Erfurt finden Sie unter: <link https: www.fluechtlingsrat-thr.de imk2020 _blank>