Doch sie finden kaum Schutz. "Die internationale Flüchtlingspolitik bleibt blind gegenüber einer Realität, die längst keine Zukunftsfrage mehr ist", erklärt Rosa Mare vom Flüchtlingsrat Schleswig-Holstein.
Laut dem im Mai 2024 veröffentlichten Global Report on Internal Displacement (GRID) des Internal Displacement Monitoring Centre (IDMC) kam es allein im Jahr 2023 zu 45,8 Millionen neuen wetterbedingten Binnenvertreibungen – mehr als je zuvor seit Beginn der Erhebungen. 7,7 Millionen Menschen konnten nicht zurückkehren und sind dauerhaft innerhalb ihrer Herkunftsländer vertrieben. Die Folgen des Klimawandel sind dabei nicht nur selbst Fluchtursachen, sondern verschärfen auch bestehende Spannungen und provozieren Konflikte in ressourcenarmen Regionen. Die Klimakrise ist heute schon eine zentrale Ursache für Flucht und Vertreibung – doch es gibt keine rechtlichen Schutzmechanismen. Vom Klima vertriebene Menschen fallen durch das rechtliche Raster. Statt neue Schutzwege zu schaffen, verschärfen viele europäische Staaten, darunter auch Deutschland, ihre Asylpolitik.
In Schleswig-Holstein wurden im Jahr 2024 insgesamt 6.558 Asylsuchende ohne Ukraine-Bezug registriert – ein Rückgang um mehr als ein Drittel im Vergleich zum Vorjahr. Im Mai 2025 wurden nur 293 Schutzsuchende registriert, rund 57 Prozent weniger als im Mai 2024. Gleichzeitig steigt die Ablehnungsquote der Asylanträge. Bundesweit wurden laut Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) im Jahr 2024 nur noch 44,4 Prozent aller Asylanträge positiv beschieden – 55,6 Prozent wurden abgelehnt.
Diese Entwicklung ist kein Zufall, sondern das Ergebnis bewusster politischer Entscheidungen. Zugang und Schutz hängen nicht allein vom individuellen Bedarf der Menschen ab, sondern davon, was politisch gewollt ist. Dabei werden Ursachen wie die Klimakrise regelmäßig aus dem Diskurs verdrängt. Die öffentliche Wahrnehmung wird nicht durch Fakten bestimmt, sondern durch den politischen Ton und mediale Zuspitzung. Während weltweit Millionen Menschen fliehen müssen, weil ihre Lebensgrundlagen zerstört werden, entsteht in Europa das Zerrbild einer „Überforderung“. In Wahrheit kommen immer weniger Menschen – und selbst sie erhalten zunehmend seltener Schutz.
„Die Klimakrise verschärft Fluchtgründe weltweit – doch Menschen, die davon betroffen sind, finden kaum Schutz. Als Industrienationen tragen wir Mitverantwortung für diese Entwicklungen, besonders im Globalen Süden. Diese Verantwortung muss sich in konkretem Schutz und legalen Zugangswegen zeigen“, so Rosa Mare vom Flüchtlingsrat Schleswig-Holstein.
Der Flüchtlingsrat fordert deshalb konkrete Maßnahmen: Die rechtliche Anerkennung klimabedingter Flucht, die Öffnung humanitärer Aufnahmewege – etwa durch Aufnahmeprogramme, Resettlement und humanitäre Visa – sowie eine Asyl- und Außenpolitik, die die Perspektiven des Globalen Südens ernst nimmt und strukturelle Klimagerechtigkeit in den Mittelpunkt stellt.
Zur Vertiefung dieser Fragen eröffnet der Flüchtlingsrat Schleswig-Holstein am Donnerstag, den 20. Juni 2025 um 14 Uhr, die Ausstellung „Anpassen, Fliehen, Festsitzen“ in der Stadtbücherei Kiel, Andreas-Gayk-Straße 31. Die Ausstellung ist dort bis zum 15. 08.2025 zu sehen. Die Wanderausstellung wurde von Caritas international in Kooperation mit den Diözesen Freiburg und Rottenburg-Stuttgart konzipiert und hergestellt.
Zur Eröffnung spricht Kim Nierobisch, Koordinatorin im EnJust-Netzwerk für Umweltgerechtigkeit und wissenschaftliche Mitarbeiterin am Geographischen Institut der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel. Sie befasst sich mit Klimagerechtigkeit und sozial-ökologischer Transformation im globalen Kontext.
Kontakt: Rosa Mare, public[at]frsh.de, 0431 556 813 55