zebra – Zentrum für Betroffene rechter Angriffe e.V.
In Schleswig-Holstein hat sich mit „zebra - Zentrum für Betroffene rechter Angriffe e.V.“ mit viel ehrenamtlichem Engagement ein entsprechender Träger gegründet. Der Verein ist bundesweit vernetzt und gehört zu den Erstunterzeichner_innen der Qualitätsstandards für Betroffene rechter, rassistischer und antisemitischer Gewalt. Für eine professionelle Arbeit, die diesen Richtlinien genügt, reichen die bereitgestellten Mittel jedoch nicht aus.
Dass ein Bedarf für ein spezifisches Beratungsangebot besteht, ist für Melanie Groß, Professorin an der Fachhochschule Kiel, klar. „Obwohl wir wissen, dass ein großer Anteil rechter Angriffe nicht in offiziellen Statistiken auftaucht“, erläutert sie, „weist der aktuelle Bericht des Landesamts für Verfassungsschutz ein signifikantes Aufkommen an rechten Straftaten auf. Davon richtet sich eine Vielzahl direkt gegen Betroffene.“
Dieser Bedarf kann von den bestehenden Angeboten nicht aufgefangen werden. „Um die Zugangsbarrieren, die für Betroffene oft bestehen, zu überwinden, ist ein Ansatz nötig, der Angriffe aktiv recherchiert, um Beratungsangebote zeitnah unterbreiten zu können“, erklärt Nathalie Kegel von zebra e.V.. So blieben viele Betroffene aufgrund mangelnder Sprachkenntnisse, sozialer Isolation oder fehlendem Vertrauen gegenüber staatlichen Institutionen von allgemeinen Hilfsangeboten ausgeschlossen.
„Es gilt zudem, eine Akzeptanz bei den Betroffenengruppen herzustellen, die nur durch strukturelle Unabhängigkeit und Parteilichkeit erreicht werden kann“, ist sich Lars-Arne Raffel, Sozialpädagoge bei zebra e.V., sicher. Eine Beratung von – beispielsweise – Kommunen im Rahmen mobiler Beratung oder eine Aussteiger_innenberatung beim gleichen Träger, so Raffel weiter, würden einen
solchen Ansatz verunmöglichen.
Eine breit getragene zivilgesellschaftliche Initiative unterstützt die Etablierung einer landesweiten, unabhängigen Betroffenenberatung durch zebra e.V. und fordert das Land auf, entsprechende Mittel bereitzustellen. In einer Erklärung, zu deren Unterzeichner_ innen unter anderem Der Paritätische Schleswig-Holstein, der Landesverband FrauenBeratung SH, der DGB Region K.E.R.N. und der Flüchtlingsrat Schleswig-Holstein zählen, heißt es hierzu:
„Das Land Schleswig-Holstein lässt die Chance verstreichen, auf Basis des Bundesprogramms mit einem geringfügigen eigenen Mitteleinsatz eine professionelle, landesweite Betroffenenberatung zu etablieren.“
zebra – Zentrum für Betroffene rechter Angriffe e.V.
c/o Fachhochschule Kiel, FB Soziale Arbeit und Gesundheit
Sokratesplatz 2 • 24149 Kiel
<link http: www.zebraev.de>www.zebraev.de • <link>info@zebraev.de
Unterstützungserklärung
Schleswig-Holstein braucht eine unabhängige Beratungsstelle für Betroffene von rechter Gewalt: zebra – Zentrum für Betroffene rechter Angriffe e.V. gegründet!
Ohne Vorwarnung wurde ein Balletttänzer des Kieler Opernhauses von Neonazis niedergeschlagen und lebensgefährlich verletzt. Er ist seit dem berufsunfähig. Eine Bäckerei von Menschen mit Migrationshintergrund aus Friedrichsort wurde verwüstet und mit einem Hakenkreuz versehen. Anlässlich der Reichspogromnacht wurde letztes Jahr die Synagoge der Jüdischen Gemeinde in Pinneberg Ziel eines antisemitischen Angriffs und vor wenigen Wochen wurde eine Moschee in Mölln angegriffen.
Dies sind nur wenige Beispiele für rechte, rassistische und antisemitische Gewalt in Schleswig-Holstein. Denn Schleswig-Holstein ist laut Opferschutzbericht der Amadeu Antonio Stiftung (2012)1 in der jüngeren Vergangenheit von allen westdeutschen Bundesländern am deutlichsten von diesem Problem betroffen – obwohl die Dunkelziffer noch nicht einmal bekannt ist. Betroffene fühlen sich oft nicht ernstgenommen von staatlichen Behörden – dies hat auch die Arbeit der Untersuchungsausschüsse zum NSU deutlich werden lassen. Für Flüchtlinge kommt die Problematik hinzu, dass sie in der Vergangenheit in ihren Heimatländern häufig traumatisierende Erfahrungen mit der Polizei gemacht haben, weshalb erlebte Gewalt nicht zur Anzeige gebracht wird. Für die Betroffenen fehlen angemessene, solidarische und unabhängige Angebote.
Das muss sich ändern! Deswegen ist ein unabhängiges Beratungsangebot jenseits der behördlichen Strukturen zwingend notwendig – dazu bestand bereits 2013 auf einer Fachtagung zum Thema „Rechte Gewalt in Schleswig-Holstein“ Konsens. Dieses Angebot muss niedrigschwellig sein, Anonymität gewährleisten und klar auf der Seite der Betroffenen stehen. Die aus der Fachtagung entstandene Initiative hat nun – unterstützt durch WissenschaftlerInnen des Fachbereichs Soziale Arbeit und Gesundheit der FH Kiel – einen Verein gegründet, der sich dieser Aufgabe widmen wird: zebra – Zentrum für Betroffene rechter Angriffe e.V. Zebra gehört zu den ErstunterzeichnerInnen der„Qualitätsstandards für eine professionelle Unterstützung“ des Netzwerks der Beratungsstellen für Opfer rechter, rassistischer und antisemitischer Gewalt und verfolgt den Zweck der Beratung von Betroffenen rechter Angriffe, der Förderung von Demokratie, sowie individueller und gesellschaftlicher Emanzipation. Zudem wird zebra nach dem Vorbild der ostdeutschen Betroffenenberatungsstellen Recherchearbeit und Dokumentation rechter Angriffe in Schleswig-Holstein machen und sieht auch lokale Intervention als eine seiner Aufgaben. Für die kontinuierliche und professionelle Beratung,Unterstützung, Intervention und Dokumentation rechter Angriffe ist eine gesicherte Finanzierung unabdingbar.
Deshalb begrüßen wir, dass das neue Bundesprogramm „Demokratie leben! Aktiv gegen Rechtsextremismus, Gewalt und Menschenfeindlichkeit“ für die Beratung von Opfern rechter Gewalt nun für fünf Jahre Mittel zur Verfügung stellt – voraussichtlich werden in Schleswig-Holstein leider nur 50.000€ für diese Arbeit zur Verfügung stehen. Eine qualitativ hochwertige Arbeit wäre mit diesem Betrag nicht zu leisten. Das Land Schleswig-Holstein lässt so die Chance verstreichen, auf Basis des Bundesprogramms mit einem geringfügigen eigenen Mitteleinsatz eine professionelle, landesweite Betroffenenberatung zu etablieren. Wir fordern das Land daher auf, die Mittel entsprechend aufzustocken und öffentlich auszuschreiben.
Erstunterzeichner_innen:
Antidiskriminierungsverband Schleswig-Holstein advsh e.V. – Arbeitskreis kritische Soziale Arbeit Kiel – Der Paritätische Schleswig-Holstein – DGB Region Kiel, Eckernförde, Rendsburg, Neumünster und Plön – DGB Jugend Nord – Dudda, Wolfgang (MdL) – Flüchtlingsrat Schleswig-Holstein – Frauennotruf Kiel – Landesverband FrauenBeratung SH – Heinrich-Böll-Stiftung Schleswig-Holstein – Medibüro Kiel e.V. – PETZE, Institut für Gewaltprävention – Ratzeburger Bündnis – Bündnis gegen Rechs Neumünster – Rosa-Luxemburg-Stiftung in Schleswig-Holstein – Verband der Beratungsstellen für Betroffene rechter, rassistischer und antisemitischer Gewalt – Verein für Toleranz und Zivilcourage Neumünster e.V. – Zentrale Bildungs- und Beratungsstelle für MigrantInnen – ZBBS e.V.
Weitere UnterstützerInnen können den Appell online unterzeichnen: <link http: www.zebraev.de>www.zebraev.de
1 Opferschutzbericht der Amadeu Antonio Stiftung 2012: <link typo3 http: www.amadeu-antonio-stiftung.de w files pdfs stellungnahme-aas-zum-3-opferschutzbericht-sh-2012.pdf>
www.amadeu-antonio-stiftung.de/w/files/pdfs/stellungnahme-aas-zum-3-opferschutzbericht-sh-2012.pdf