Sehr geehrte Frau Keitel,
vielen Dank für die, mit dem Schreiben vom 6. März 2025, eingeräumte Möglichkeit zu einer Stellungnahme im Hinblick auf den Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Berufsqualifikationsfeststellungsgesetzes Schleswig-Holstein – BQFG-SH. Gerne gibt der Flüchtlingsrat SH eine Einschätzung zu dem Gesetzentwurf ab.
Das Anerkennungsverfahren von ausländischen Berufsabschlüssen ist komplex und langwierig. Auch ist Ratssuchenden oftmals nicht klar, an wen sie sich mit Fragen wenden können oder welche Behörde für die Anerkennung zuständig ist. Eine unzureichende Beratung und Unterstützung führt häufig zu falschen oder unvollständigen Anträgen, was den Anerkennungsprozess weiter verzögert. Hier ist eine strukturelle Verbesserung notwendig durch ein auskömmlich finanziertes, einheitliches Beratungsangebot für ganz Schleswig-Holstein.
Probleme beim Anerkennungsverfahren von ausländischen Abschlüssen können die Arbeitsmarktintegration erheblich behindern. Verzögerungen und bürokratischen Hürden tragen dazu bei, dass die Betroffenen über einen längeren Zeitraum nicht in den Arbeitsmarkt eintreten können oder in unsicheren oder schlecht bezahlten Arbeitsverhältnissen verbleiben, wodurch die volle Integration in den Arbeitsmarkt eingeschränkt wird und das Potenzial an hochqualifizierten Arbeitskräften nicht vollständig genutzt werden kann. Für Betroffene und Arbeitgebende bedeutet dies eine große Belastung.
Das Beratungsnetzwerk Alle an Bord! - Perspektive Arbeitsmarkt für Geflüchtete unterstützt Geflüchtete auf dem Weg in Arbeit, Ausbildung und Weiterbildung. Bezüglich der
Berufsanerkennung werden Ratssuchende in der Beratung von Alle an Bord! – PAM an die zuständigen Stellen verwiesen und weitergeleitet.
Das Förderprogramm IQ – Integration durch Qualifizierung hat seit 2015 das Ziel, dass Menschen ausländischer Herkunft mit im Ausland erworbener Berufsqualifikationen in bildungsadäquater Beschäftigung arbeiten. Dies erfolgt durch Anerkennung und Qualifizierungsberatung (seit 2022 nur von der ZBBS und dem Frauennetzwerk) und Qualifizierungsbegleitung oder Anpassungsqualifizierung in HW Berufe und IHK Berufe.
Beide Projekte sehen die Konsequenzen von einem komplexen und langwierigen Anerkennungsverfahren sehr deutlich, wenn es Menschen mit Flucht- und oder Migrationsgeschichte nicht möglich ist, weiterhin in den erlernten Berufen zu arbeiten, in denen sie in ihrem Heimatland schon Berufserfahrung gesammelt haben. Oftmals ist das demotivierend für die Betroffenen und behindert die nachhaltige Arbeitsmarktintegration. Zusätzlich teilen Unternehmen diese Frustration, was dazu führt, dass Unternehmen die Bereitschaft verlieren, Menschen mit ausländischen Berufsabschlüssen einzustellen. Auch dem Fachkräftemangel kann so nur unzureichend entgegengewirkt werden.
Dementsprechend begrüßt der Flüchtlingsrat es sehr, dass das Anerkennungsverfahren von Berufsabschlüssen aus dem Ausland beschleunigt werden soll.
Wir haben folgende konkrete Anmerkungen zu dem Gesetzesentwurf:
- Wir begrüßen ausdrücklich die Änderungen in §§ 5 und 12, welche die Sprach- Diversität in Schleswig-Holstein widerspiegeln.
- Zu § 6 und § 13 haben wir folgende Anregung: Wir begrüßen, dass die zuständige Stelle innerhalb von drei Monaten über die Gleichwertigkeit entscheiden muss. Dass die Frist mit Eingang der vollständigen Unterlagen beginnt, kann allerdings zu Verzögerungen führen, da es aufgrund eines nicht ausreichenden Beratungsangebots oftmals für Betroffene nicht klar ist, welche Dokumente benötigt werden und sich somit der Bearbeitungsbeginn aufgrund von Nachreichungen verzögert. Hier würden wir uns die Ergänzung wünschen, dass Betroffene innerhalb von einer Woche auf das Fehlen von Unterlagen aufmerksam gemacht werden sollen. Zweitens würden wir es für sinnvoll erachten, wenn eine Eingangsbestätigung der vollständigen Unterlagen an die Betroffenen geschickt werden würde.
Sollten Sie Fragen zu unseren Anmerkungen haben, zögern Sie bitte nicht, uns zu kontaktieren.
Gez. Aurelie Djotsa, Koordination IQ Regionales Integrationsnetzwerk Schleswig-Holstein
Gez. Anne-Katrin Lother, Koordination beim Beratungsnetzwerk Alle an Bord! Perspektive Arbeitsmarkt für Geflüchtete