Auszug aus dem Schreiben des BAMF vom 3.4.2023:
"...Auch aus unserer Sicht lässt sich seit der letzten Anpassung der Herkunftslandleitsätze des Bundesamtes für Afghanistan im Dezember 2022 bzgl. der Situation von afghanischen Frauen und Mädchen im Herkunftsland in der Gesamtbetrachtung ein weitgehend konsistentes und belastbares Bild einer starken Verschlechterung feststellen. (...) Diese Einschränkungen sind nach Auffassung des Bundesamtes in der Regel so gravierend, dass sie in ihrer Kumulierung als Verfolgungshandlung i. S. v. §3a Abs. 1 Nr. 2 AsylG zu bewerten sind. Nach den aktualisierten Vorgaben der Herkunftsländerleitsätze Afghanistan liegen damit bei afghanischen Frauen und Mädchen in der Regel die Voraussetzungen für die Zuerkennung von Flüchtlingsschutz bzw. subsidiärem Schutz bei Nichtvorliegen eines Verfolgungsgrundes i. S. v. § 3b AsylG vor. Die Prüfung, ob die Voraussetzungen der jeweiligen Schutznorm bei einer Antragstellerin auch tatsächlich erfüllt sind, erfolgt auf Grundlage der Umstände des jeweiligen Einzelfalles unter Berücksichtigung der oben dargestellten allgemeinen Vorgaben zur Entscheidungspraxis..."
1. Anmerkung von PRO ASYL vom 4.4.2023:
"Das BAMF sieht seine neue Entscheidungspraxis nun 'weitgehend mit der EUAA Country Guidance im Einklang'. Es legt aber - keine Überraschung - nicht zugrunde, dass Frauen und Mädchen in Afghanistan allein aufgrund ihres Geschlechts verfolgt sind (Afghanische Frauen als soziale Gruppe) und kommt damit einer angemessenen Rechtsanwendung bei geschlechtsspezifischer Verfolgung nicht entgegen. (Siehe dazu auch unsere News von Februar 2023 "Verfolgt, weil sie Frauen sind").
Die Anerkennungszahlen sollten sich dennoch deutlich positiv in Richtung Flüchtlings-/subs. Schutz. verändern. Im Jahr 2022 war afghanischen Frauen und Mädchen vom BAMF in weniger als einem Drittel der inhaltlich entschiedenen Fälle (29 %) die Flüchtlingseigenschaft nach der GFK zugesprochen worden. Nach näheren Angaben galten gar nur 8 % als 'geschlechtsspezifisch verfolgt'. 7 % erhielten subsidiären Schutz, die weit überwiegende Zahl (64 %) lediglich Abschiebungsverbote."
2. Anmerkung von PRO ASYL vom 20.4.2023:
"...nach der Ankündigung des Bundesamtes, die Anerkennungpraxis von Frauen aus Afghanistan zu verändern, haben sich im März die Anerkennungsquoten - für FRAUEN - positiv verschoben. Nicht auf 100%, sondern - immerhin? - auf fast 60% (bereinigt). Unverständlicherweise sind von den Anerkennungen immer noch weniger als ein Drittel (31%) als "aufgrund geschlechtsspezifischer Verfolgung" klassifiziert (18% von allen inhaltlichen Entscheidungen).
Quoten in % im März 2023 (Vergleich Feb 23 / ges. Jahr 2022):
Flüchtlingsschutz: 48,2 (26 / 25,3)
Subs. Schutz: 4,2 (3,5 / 5,8)
Absch.verbot: 30,5 (51 / 55,3)
Ablehnung: 0,1 (0,7 / 0,4)
formelle Entsch: 16,9 (18,8 / 13,2)
in bereinigter Form:
Flüchtlingsschutz: 58,1 (32 / 29,2)
Subs. Schutz: 5,1 (4,4 / 6,7)
Absch.verbot: 36,7 (62,8 / 63,7)
Ablehnung: 0,2 (0,8 / 0,4)"