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20. Dezember 2002


Erlass zur Durchführung von Abschiebungshaft in Schleswig-Holstein

Weisung des Innenministeriums SH vom 20.12.2002

Ausländerrecht:
1. Rechtsgrundlagen
2. Vorbereitung der Inhaftnahme
3. Vollzug der Abschiebungshaft
4. Landesamt als Koordinierungsstelle für die Pass-/ersatzbeschaffung
5. Amtshilfe durch das Landesamt


1. Rechtsgrundlagen

Rechtgrundlage für die Anordnung von Abschiebungshaft ist § 57 AuslG. Das Verfahren richtet sich nach § 103 Abs.2 AuslG nach dem Gesetz über das gerichtliche Verfahren bei Freiheitsentziehungen (FrhEntzG). Abschiebungshaft wird in Schleswig-Holstein nach § 8 Abs. 2 Satz 2 FrhEntzG in Verbindung mit den §§ 171, 173 bis 175, 178 Abs. 3 Strafvollzugsgesetz (StVollzG) im Wege der Amtshilfe in der Regel für männliche Abschiebungshaftgefangene in der Außenstelle Rendsburg der Justizvollzugsanstalt Kiel und für weibliche Abschiebungshaftgefangene im Frauenvollzug in der Justizvollzugsanstalt Lübeck vollzogen.

2. Vorbereitung der Inhaftnahme

Die Koordinierung und Vergabe der Haftplätze obliegt dem Landesamt für Ausländerangelegenheiten Schleswig-Holstein (LfA). Die Koordinierungsstelle des Landesamtes ist werktags in der Zeit von 9.00 Uhr bis 15.00 Uhr (Freitags bis 13.00 Uhr) wie folgt zu erreichen:
Tel.: 04321/974-222 oder 974-220
Fax: 04321/974-240
Außerhalb dieser Zeiten muss die Frage, ob ein Haftplatz zur Verfügung steht, mit dem Lagezentrum der Landespolizei
Tel.: 0431/160-5020
Fax: 0431/160-5029
geklärt werden. Ein Antrag auf Anordnung von Abschiebungshaft soll grundsätzlich erst dann gestellt werden, wenn zuvor (z.B. durch telefonische Nachfrage beim LfA) sichergestellt ist, dass für den Vollzug der Haft auch ein freier Haftplatz zur Verfügung steht. Jede Aufnahme eines Abschiebungshaftgefangenen in eine Justizvollzugsanstalt ist dem LfA mit dem als Anlage beigefügten Formularblatt anzuzeigen.

3. Vollzug der Abschiebungshaft

3.1 Dauer und Zweck der Haft

Der Vollzug der richterlichen Entscheidung über die Freiheitsentziehung obliegt der zuständigen Ausländerbehörde; sie hat daher auch zu entscheiden, ob und wie lange die angeordnete Haft fortgesetzt werden soll (§ 8 Abs. 1 Satz 3 FreihEntz). Zweck der Abschiebungshaft ist stets nur die Sicherung des Vollzugs einer notwendigen Abschiebung. Sie hat weder Strafcharakter noch darf sie dem Ziel dienen, den Willen eines Ausländers zu beugen, etwa um seine Mitwirkung bei der Passersatzbeschaffung zu erreichen. Es gilt der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit. Steht ein milderes Mittel zur Sicherung des Vollzuges zur Verfügung, ist darauf zurückzugreifen.

3.2 Absehen von Abschiebungshaft


3.2.1 Bei Frauen ab dem sechsten Schwangerschaftsmonat ist von einem Antrag auf Abschiebungshaft abzusehen, weil die Geburt nicht innerhalb einer Justizvollzugsanstalt erfolgen kann.

3.2.2 Bei Müttern mit Kindern unter 10 Jahren sowie bei Kindern und Jugendlichen unter 16 Jahren ist grundsätzlich von einem Antrag auf Abschiebungshaft abzusehen.

3.2.3 Bei Familien mit Kindern ist zu vermieden, dass beide Elternteile gleichzeitig in Abschiebungshaft genommen werden.

3.2.4 Ist der Vollzug der Abschiebungshaft mit der Trennung von Mutter und Kind(ern) verbunden, ist vor einer Inhaftierung durch Abstimmung mit dem Jugendamt sicherzustellen, wie dem Kindeswohl Rechnung getragen werden kann; die Justizvollzugsanstalt ist über den Sachverhalt zu unterrichten.

3.2.5 Bei Jugendlichen, die das 16. aber noch nicht das 18. Lebensjahr vollendet haben, soll ein Haftantrag nur gestellt werden, wenn die Haft für die Sicherung der Abschiebung unabdingbar erscheint.

3.2.6 Falls wegen einer besonderen Sachlage in den unter 3.2.1 bis 3.2.3 genannten Fällen Abschiebungshaft unumgänglich ist, ist die Abschiebung so vorzubereiten, dass die Haft in der Regel nicht mehr als 5 Tage beträgt.

3.2.7 Fälle nach 3.2.1 bis 3.2.3 sind mit dem Innenministerium im Vorwege abzustimmen. Bei der Anforderung des Haftplatzes ist dem LfA mitzuteilen, dass das Innenministerium beteiligt wurde.

3.3 Überprüfung der Haftfortsetzung

3.3.1 Vor dem Hintergrund des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit hat der Gesetzgeber entschieden, dass Sicherungshaft unzulässig ist, wenn fest steht, dass aus Gründen, die der Ausländer nicht zu vertreten hat, die Abschiebung in den nächsten drei Monaten nicht vollzogen werden kann. Angesichts dieser Grundsatzentscheidung bedarf es bei Abschiebungshaftgefangenen, die sich seit mehr als zwölf Wochen in Sicherungshaft befinden, daher der Prüfung, ob die Haft noch fortgesetzt werden soll. In den Fällen, - in denen der abzuschiebende Ausländer bei der Passbeschaffung in dem erforderlichen Umfang mitwirkt und - die Durchführung der Abschiebung nach Einschätzung der Ausländerbehörde weiterhin nicht absehbar ist, ist von der Fortsetzung des Vollzugs der Abschiebungshaft abzusehen.

3.3.2 Nach den Erfahrungen der Ausländerbehörden und des Bundesgrenzschutzes können für Angehörige bestimmter Staaten die für eine Abschiebung erforderlichen Reisedokumente derzeit in der Regel nicht innerhalb von 3 Monaten beschafft werden. In den Fällen, in denen der abzuschiebende Ausländer an der Beschaffung der Reisedokumente in dem erforderlichen Umfang mitwirkt und an seinen Angaben zur Person keine begründeten Zweifel bestehen, kommt daher auch ein Absehen vom Vollzug der Abschiebungshaft schon vor Ablauf von 3 Monaten seit der Inhaftnahme in Betracht (ggf. ist eine Prognose der KO-Stelle des LfA einzuholen). Das bedeutet jedoch nicht, dass bei Angehörigen solcher Staaten von vornherein auf eine Inhaftnahme verzichtet werden sollte.

3.3.3 In den Fällen, in denen sich ausländische Staatsangehörige im Rahmen der Amtshilfe für Ausländerbehörden anderer Länder in schleswig-holsteinischen Justizvollzugsanstalten in Abschiebungshaft befinden, und bei denen zugleich die vorstehend genannten Voraussetzungen vorliegen, ist Kontakt mit der zuständigen Ausländerbehörde aufzunehmen. Es ist mit ihr zu klären, ob diese einer Haftbeendigung zustimmt. Stimmt die zuständige Ausländerbehörde der Entlassung nicht zu, ist mit ihr abzustimmen, in welche Vollzugsanstalt die betroffene Person überstellt werden kann.

4. Landesamt für Ausländerangelegenheiten als Koordinierungsstelle für die Pass-/ersatzbeschaffung

Das Landesamt für Ausländerangelegenheiten ist in Fragen, die die Passbeschaffung/Passersatzbeschaffung betreffen, gegenüber der Grenzschutzdirektion als Ansprechstelle des Landes Schleswig-Holstein benannt worden. Ziel der gemeinsamen Bemühungen ist es, den Informationsfluss zwischen der Grenzschutzdirektion und den Ländern zu bündeln, um die gesammelten Erkenntnisse besser nutzen zu können. Dazu ist es erforderlich, dass die Ausländerbehörden der Kreise und kreisfreien Städte sich in Angelegenheiten der Flugabschiebung und der Passbeschaffung mit Erkenntnissen und Fragen, die nicht nur für den Einzelfall von Bedeutung sind, an das Landesamt für Ausländerangelegenheiten wenden. Das Landesamt wird in Fragen, zu denen keine eigenen Erkenntnisse vorliegen, Informationen bei der Grenzschutzdirektion einholen.
Hierzu gehören vor allem Fragen, die
- Abschiebungswege
- günstige Flugverbindungen/Charterflüge,
- Flugverbindungen, auf denen eine Bewachung von Abzuschiebenden durch die Fluggesellschaft erfolgt,
- erforderliche Dokumente für die Abschiebung,
- Verfahrensweise der Herkunftsländer bei der Ausstellung von Heimreisedokumenten
betreffen.

5. Amtshilfe durch das Landesamt

5.1. Betreuung der Abschiebungshäftlinge

Ungeachtet der Zuständigkeit für den eigentlichen Vollzug der Abschiebungshaft (vergl. Nr. 3.1) betreut das Landesamt für Ausländerangelegenheiten ohne besonderes Ersuchen in Amtshilfe Abschiebungshäftlinge, in dem es diese vor allem in Fragen berät, die ihren ausländerrechtlichen Status betreffen. Zu diesem Zweck hält es insbesondere in der Außenstelle der Justizvollzugsanstalt Kiel, in Rendsburg, regelmäßig Sprechstunden ab und erörtert mit den Haftgefangenen vor allen Dingen deren jeweilige Perspektive.

5.2 Abschiebung aus der Haft

Das Landesamt für Ausländerangelegenheiten leistet auf Ersuchen der Ausländerbehörden der Kreise und kreisfreien Städte Amtshilfe bei der Vorbereitung und Durchführung der Abschiebung von Abschiebungshaftgefangenen. In Fällen, in denen die Ausländerbehörde nicht um Amtshilfe ersucht hat, kann das Landesamt die Stellung eines Amtshilfeersuchens anregen. Solchen Anregungen des Landesamtes bitte ich in der Regel zu entsprechen.

Das Landesamt leistet vorrangig Amtshilfe bei der Abschiebung abgelehnter Asylbewerber. Bei anderen Häftlingen kann es Amtshilfe leisten, soweit es die Arbeitsbelastung zulässt.

Wird das Amtshilfeersuchen nicht vom Landesamt angeregt, kann es die Amtshilfe unter den Voraussetzungen des § 33 Abs. 3 LVwG ablehnen. Es kann die Amtshilfe einstellen, wenn erkennbar ist oder wird, dass die Abschiebung auf absehbare Zeit nicht durchgeführt werden kann. Die zuständige Ausländerbehörde prüft dann, ob nach den unter Nr.3.3 genannten Voraussetzungen die Entlassung aus der Abschiebungshaft zu veranlassen ist. Kann hierüber zwischen Landesamt und Ausländerbehörde kein Einvernehmen erzielt werden, ist meine Entscheidung einzuholen. Über das Ergebnis ist das LfA zu unterrichten.

6.Aufhebung von Erlassen

Meine Erlasse vom 10.03.1994 - IV 630a - 212-29.111.1-57/IV 610a - 212-29.233.31-1-, vom 1.5.1996-IV 630a - 212-29.111.1-57 - und vom 23.12.1997-IV 630a - 212-29.111.1-57 - hebe ich auf.


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