Der Flüchtlingsrat Schleswig-Holstein unterstützt die Kritik im <link http: www.frsh.de fileadmin pdf abschiebungshaft landesbeirat-sh_a-haft_jb2013_01.pdf external-link-new-window externen link in neuem>Bericht des schleswig-holsteinischen Landesbeirats Abschiebungshafttypo3/ an der Abschiebungshaft von Flüchtlingen als „grob unverhältnismäßiges“ Instrument, das Betroffene „von vornherein würdelos und nicht wie Menschen behandelt“, uneingeschränkt.
Der Flüchtlingsrat führt seit Jahren mehrmals wöchentlich ehrenamtlich Beratung und Betreuung von Inhaftierten im Abschiebungsgefängnis Rendsburg durch.
„Dass ein Viertel der Insassen wieder entlassen werden muss, ist schon allein Beleg für die hohe Zahl an rechtswidrigen Inhaftierungen.“, erklärt Martin Link, Geschäftsführer beim Flüchtlingsrat.
Wenn jedoch wiederum auch 2013 Rendsburger Zivilhäftlinge in die Strafvollzugsanstalt nach Kiel verlegt wurden oder Strafgefangene aus der JVA Kiel regelmäßig als Kalfaktoren im Abschiebungsgefängnis eingesetzt werden, offenbart dies administrative Wiederholungstäterschaft bei Verstößen gegen das auch für den deutschen Vollzug verbindliche „Trennungsgebot“ der EU-Rückführungsrichtlinie.
Rechtlich fragwürdig ist es auch, wenn – wie es Inhaftierte immer wieder beklagen – die gegenüber der Bundespolizei oder Vollzugsorganen vorgetragenen Krankheiten solange ignoriert werden, bis sie als Rechtfertigung der Verlegung in das Gefängniskrankenhaus in Kiel wegen aufgetretener Behandlungsbedürftigkeit dann doch zu pass kommen.
Von Obergerichten verfügte Haftentlassungen aufgrund rechtswidrig ergangener Haftbeschlüsse führen für die Opfer nicht zu Haftentschädigungen. Darüber hinaus werden Abschiebungshäftlingen sogar regelmäßig mit den Verwaltungskosten, z.B. des Vollzugs, belastet. Knapp 100 € pro Hafttag führen schnell zu einer administrativ verursachten Verschuldung in Höhe von einigen Tausend Euro, die auch nicht erlassen wird, wenn die Haft sich später als ungerechtfertigt erweist.
Nicht allein eingedenk dessen, dass in 2/3 der Hauptherkunftsländer (Afghanistan, Syrien, Irak, Somalia) der in Rendsburg Inhaftierten unbestritten eine erbarmungslose Gewalt den Menschen seit Jahren vielfältige Fluchtgründe liefert, hat Innenminister Andreas Breitner zweifellos Recht, wenn er die Abschiebungshaft als „inhuman“ verurteilt.
Doch der am 25. Märztypo3/ vom Innenminister der Presse vorgestellte <link file:1446 download herunterladen der datei>Bericht der Interministeriellen Arbeitsgruppe „Alternative Abschiebungshaft“ ist aus Sicht des Flüchtlingsrates auch enttäuschend. Die im Bericht und im diesbezüglichen Gesetzentwurftypo3/ vorgestellten sogenannten Alternativen zur Abschiebungshaft bleiben weit hinter den Erwartungen zurück.
Die Vorschläge der Interministeriellen Arbeitsgruppe (IMAG) sollen in den kommenden Monaten breit diskutiert werden. Der Flüchtlingsrat ist um Stellungnahme gebeten worden und wird dieser Bitte nachkommen.
Nur so viel sei vorab gesagt: Der Flüchtlingsrat befürchtet, bei Umsetzung der Vorschläge der IMAG würden die betroffenen Flüchtlinge allenfalls vom Regen in die administrative Traufe geraten:
· Dem IMAG-Bericht gemäß soll anstatt der Abschiebungshaft bisherigen Stils – ohne es so zu bezeichnen – offenbar das schon einmal gescheiterte Modell eines 'Ausreisezentrums' reanimiert werden.
· Die von internationalen Menschenrechtsorganisationen kritisierte "elektronische Fußfessel" wird seitens des Ministeriums als Haftalternative nicht ausgeschlossen und im IMAG-Bericht durch allerlei weitere elektronische Überwachungsideen ergänzt.
· Gar keine Alternative wäre es aus Sicht des Flüchtlingsrates, wenn offenbar – allen vergangenen Dementis zum Trotz – Abschiebungshaft künftig regelmäßig außerhalb Schleswig-Holsteins im Zuge bilateraler Amtshilfen zwischen den Bundesländern vollstreckt werden sollte.
Der Flüchtlingsrat Schleswig-Holstein lehnt das von „Menschenverachtung und Zynismus“ (Landesbeirat Abschiebungshaft) gekennzeichnete System der Abschiebungshaft alternativlos ab.
Flucht ist kein Verbrechen.
Flüchtlinge müssen unterstützt werden – anstatt sie unter Druck zu setzen, zu überwachen oder einzusperren!
gez. Martin Link
Presseveröffentlichungen zum Thema: <link http: www.shz.de lokales landeszeitung letzte-station-vor-der-abschiebung-id6167261.html external-link-new-window externen link in neuem> shz 2.4.2014